Frankfurt, 18. Feb (Reuters) – Die Ungewissheit über den Ausgang der Ukraine-Krise hat die Anleger an den europäischen Aktienmärkten am Freitag in Schach gehalten. Dax und EuroStoxx50 kamen kaum vom Fleck und notierten bei 15.271 beziehungsweise 4117 Zählern.
„Solange US-Präsident Biden nicht müde wird, vor einem zeitnahen Einmarsch Russlands zu warnen und sein Gegenspieler Putin nicht klar einen militärischen Rückzug aus dem Krisengebiet erkennen lässt, dürfte an der Börse nicht viel passieren“, sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets.
Etwas Hoffnung auf eine diplomatische Lösung keimte angesichts der Tatsache auf, dass US-Außenminister Antony Blinken einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow zugestimmt hat. Das Treffen soll Ende nächster Woche stattfinden, sofern Russland nicht in die Ukraine einmarschiert. Der Goldpreis, der gern als sicherer Hafen angesteuert wird, verlor zeitweise 0,6 Prozent auf 1885 Dollar je Feinunze. Der Rubel konnte leicht zulegen. Im Gegenzug gab der Dollar 0,4 Prozent auf 75,78 Rubel nach.
„DIE NERVOSITÄT IST GREIFBAR“
Unterdessen warfen sich die Konfliktparteien in der Ost-Ukraine gegenseitig erneute Verstöße gegen die Waffenruhe vor. Die Regierung in Kiew meldete am Freitag weitere Rebellenangriffe, während prorussische Aufständische Medienberichten zufolge in Donezk und Luhansk abermals unter Granaten- und Artilleriebeschuss gerieten. „Auf dem Parkett ist die Nervosität greifbar. Kaum jemand weiß, wie er sich angesichts der ständig wechselnden Nachrichtenlage verhalten soll“, fasste Thomas Altmann von QC Partners die Stimmung an der Börse zusammen.
Unter den Einzelwerten richtete sich der Fokus auf Bayer, die mit dem Studienerfolg eines Mittels gegen Prostatakrebs punkten konnten. Die Aktien legten im Dax in der Spitze 3,1 Prozent auf 55,74 Euro zu und waren damit so teuer wie seit neun Monaten nicht mehr. Auch die Titel der finnischen Pharmafirma Orion, die das Medikament zusammen mit Bayer entwickelt hat, profitierten von den Nachrichten. Sie schnellten um rund 26 Prozent in die Höhe.
ALLIANZ NACH ZAHLEN UNTER DRUCK
Bergab ging es dagegen für die Aktien der Allianz, nachdem der Versicherungsriese den Anlegern aufgrund von Rechtsstreitigkeiten ein gemischtes Zahlenwerk präsentiert hatte. Die Aktien verloren bis zu 1,8 Prozent.
An der Pariser Börse erfreute Renault die Anleger nach zwei Verlustjahren mit einer Rückkehr in die Gewinnzone. Der Autokonzern will nun Staatshilfen, die er in der Corona-Pandemie in Anspruch genommen hat, vorzeitig zurückzahlen. Die Titel kletterten um fast fünf Prozent in die Höhe. Einen großen Bogen machten Investoren dagegen um den französischen Luxuslederwarenhersteller Hermes. Selbst gesetzte Kapazitätsbeschränkungen bremsten das Wachstum des Konzerns. Die Aktien rauschten um mehr als acht Prozent in den Keller.
Am Ölmarkt gerieten die Preise für Brent und WTI wegen der Aussicht auf womöglich wieder steigende iranische Ölexporte ins Rutschen. Brent verlor bis zu 3,1 Prozent auf 90,12 Dollar je Fass. Das US-Öl WTI kostete mit 89,03 Dollar je Barrel drei Prozent weniger. Anfang der Woche war der Ölpreis wegen der Furcht vor Sanktionen gegen russisches Öl noch auf den höchsten Stand seit siebeneinhalb Jahren geklettert.
Im jahrelangen Streit über das iranische Atomprogramm zwischen einer Staatengruppe und der islamischen Republik deutete sich zuletzt eine Lösung an. Einem Entwurf zufolge könnten die Ölsanktionen gegen den Iran nach dessen Verzicht auf die Uran-Anreicherung befristet ausgesetzt werden.
Kriegsangst lähmt europäische Aktienanleger
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