Frankfurt, 27. Jul (Reuters) – Die Kreditnachfrage der Unternehmen im Euro-Raum hat kurz vor der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) noch einmal stark zugenommen. Banken vergaben im Juni 6,8 Prozent mehr Darlehen an Unternehmen als vor Jahresfrist, wie die EZB am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. Das ist der deutlichste Anstieg seit Februar 2021. Im Mai hatte das Plus noch bei 5,8 Prozent gelegen, nach 5,2 Prozent im April. An die Privathaushalte reichten die Geldhäuser im Juni 4,6 Prozent mehr Kredite aus als im Vorjahreszeitraum. Das ist das stärkste Wachstum seit Ende 2008. Auch im Mai und April hatte das Plus in dieser Höhe gelegen.
Ein Faktor hinter der stärkeren Kreditvergabe an Unternehmen ist die Erwartung höherer Zinskosten für Darlehen im Zuge der Zinswende der EZB. Die Währungshüter haben sich inzwischen mit einer unerwartet kräftigen Zinserhöhung gegen den massiven Inflationsschub in der Währungsgemeinschaft gestemmt. Die Teuerung liegt mittlerweile auf dem Rekordniveau von 8,6 Prozent. Die EZB setzte deshalb vergangene Woche den Leitzins gleich um einen halben Prozentpunkt nach oben auf nunmehr 0,50 Prozent. Für die Euro-Notenbank ist das eine geldpolitische Zäsur: Es war die erste Zinserhöhung seit 2011.
Das Wachstum der Geldmenge M3 lag im Juni bei 5,7 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit mehr als zwei Jahren. Hier hatten Ökonomen 5,4 Prozent erwartet. Im Mai hatte das Wachstum bei 5,8 Prozent gelegen. Zu M3 zählen unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Volkswirte achten auf die Entwicklung der Geldmenge genau. Denn auf mittlere bis lange Sicht kann eine stark wachsende Geldmenge ein Anzeichen für eine steigende Inflation sein. Der EZB liefern die monatlichen Daten zu Geldmenge und Kreditvergabe eine wichtige Orientierung für die Festlegung ihrer Geldpolitik.
Kreditvergabe an Unternehmen kurz vor EZB-Zinswende kräftig gestiegen
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