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Kohle, Speichern, Sparen – Habeck plant Notmaßnahmen zur Gasversorgung

Berlin, 19. Jun (Reuters) – Angesichts der reduzierten Gasliefermengen aus Russland will Wirtschaftsminister Robert Habeck die deutsche Gasversorgung mit neuen Notfallmaßnahmen sichern. Um die Einspeicherung von Gas zu unterstützen, werde die Bundesregierung über die Staatsbank KfW in Kürze eine zusätzliche Kreditlinie bereitstellen, teilte das Wirtschaftsministerium am Sonntag mit. Nach Informationen aus Regierungskreisen geht es dabei um eine Kreditlinie von 15 Milliarden Euro, die bis zum 31. Dezember 2025 befristet ist. Außerdem sollen mehr Kohlekraftwerke als Ersatz für die Gasverstromung genutzt werden. Noch im Sommer soll laut Wirtschaftsministerium ein Gasauktions-Modell an den Start gehen, das für industrielle Gasverbraucher Anreize schaffen soll, Gas einzusparen.

Seit einigen Tagen werden zurückgehende Lieferungen aus Russland über die Ostseepipeline Nord Stream 1 gemeldet. Die Bundesregierung wirft der Regierung in Moskau vor, dass dies politische und nicht, wie von Russland angegeben, technischen Gründe habe. „Noch können die ausfallenden Mengen ersetzt werden, noch läuft die Befüllung der Gasspeicher, wenn auch zu hohen Preisen“, teilte Habeck mit. „Die Versorgungssicherheit ist aktuell gewährleistet. Aber die Situation ist ernst“, fügte der Grünen-Politiker hinzu. Man werde den Gasverbrauch bei der Stromerzeugung und in der Industrie senken und die Befüllung der Speicher forcieren. „Je nach Lage werden wir weitere Maßnahmen ergreifen“, betonte Habeck.

Die neue, mit dem von der FDP geführten Finanzministerium abgestimmte Kreditlinie soll der von elf Ferngasnetzbetreibern unterhaltene Gesellschaft Trading Hub Europe (THE) die nötige Liquidität geben, um weiter Gas einzukaufen und die Befüllung der Speicher voranzutreiben. Der Kredit werde über eine Garantie des Bundes abgesichert, hieß es. Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll diese Woche unterrichtet werden. Die Bundesnetzagentur meldete am Samstag, dass die Gasspeicher in Deutschland zu 57 Prozent gefüllt sind.

SPD-Chef Lars Klingbeil sagte im ZDF auf die Frage, ob der 15-Milliarden-Vorschlag eine Idee Habecks sei oder ein Ampel-Vorschlag, der die Unterstützung des Finanzministers habe: „Das ist ein Vorgehen, das nach meinen Informationen in der Ampel verabredet ist.“ Man müsse auf Putins Erpressung reagieren. „Wir wollen die Industrie, die Arbeitsplätze, das Miteinander auch in der Krise sichern. Und dazu gehört, dass wir Unternehmen – die ja Arbeitsplätze sichern, die Wertschöpfung sichern – dass wir die auch unterstützen.“ 

GRÜNEN-POLITIKER: KOHLEKRAFTWERKE SCHIER NOTWENDIG

Habeck reagierte auch auf Forderungen der Industrie und Opposition, die Gasverstromung herunterzufahren und statt mit der „Gasersatzreserve“ wieder Kohlekraftwerke zu nutzen. „Das ist bitter, aber es ist in dieser Lage schier notwendig, um den Gasverbrauch zu senken“, teilte der Grünen-Politiker mit. Man müsse alles daran setzen, im Sommer und Herbst so viel Gas wie möglich einzuspeichern. „Die Gasspeicher müssen zum Winter hin voll sein. Das hat oberste Priorität.“ Am Samstag hatten unter anderen CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und BDI-Präsident Siegfried Russwurm einen sofortigen Umstieg von Gas- auf Kohlekraftwerke bei der Stromerzeugung gefordert.

Gas trug 2021 zu etwa 15 Prozent zur öffentlichen Stromerzeugung bei. Das Wirtschaftsministerium wies aber darauf hin, dass der Anteil in den ersten Monaten 2022 geringer gewesen sein dürfte. Je schneller mehr Strom von anderen Energieträgern kommt, desto mehr Gas kann gespeichert werden. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sowie die Union fordern deshalb auch, die Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Die letzten drei Meiler sollen Ende des Jahres abgeschaltet werden. Umwelt- und Wirtschaftsministerium halten eine längeren Betrieb für nicht machbar.

AUKTIONSPLATTFORM SOLL FIRMEN ZUM SPAREN ANREGEN

Abhilfe soll laut Wirtschaftsministerium auch eine Senkung des Gasverbrauchs von Unternehmen bringen. Mit einer Gasauktions-Plattform werde ein Mechanismus geschaffen, der industriellen Gasverbrauchern einen Anreiz geben soll, Gas einzusparen, das dann gespeichert werden kann. „Das ist dringend nötig. Alles, was wir weniger verbrauchen, hilft. Hier ist die Industrie ein Schlüsselfaktor“, sagte Habeck.

Der Grünen-Politiker ging nicht auf mögliche Einsparungen auch im Privatbereich ein, die auch in der Ampel-Koalition umstritten sind. Hier hatte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) einen Vorschlag von Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller zurückgewiesen, die vorgeschriebene Mindesttemperatur für Mietwohnungen abzusenken. „Je nach Lage werden wir weitere Maßnahmen ergreifen“, teilte Habeck am Sonntag nur mit.

Kohle, Speichern, Sparen – Habeck plant Notmaßnahmen zur Gasversorgung

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