Berlin, 21. Jan – Deutschland hält sich einer IW-Studie zufolge bei der Bildung im europäischen Vergleich noch gut – droht aber zurückzufallen. „Deutschland hat bei der sehr dynamisch verlaufenen Bildungsexpansion in Europa in den letzten Jahren bis zu einem gewissen Grad den Anschluss verloren“, heißt es in einer Analyse des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag vorlag. Besonders kritisch sei dabei im Hinblick auf die sich mit der Digitalisierung verändernden Anforderungen an die Arbeitskräfte, dass der Anteil der Personen ohne berufsqualifizierenden Abschluss in der Tendenz zunehme.
Zum einen müsse die Politik mit Bildungsmaßnahmen gegensteuern – etwa einer frühen Förderung von Kindern, die sonst hinterherhinken könnten. Zudem müssten leistungsstärkere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsenen maßgeschneiderte Bildungsangebote bekommen. Dabei müssten gezielt die Kompetenzen vermittelt werden, die in einer immer stärker digitalisierten Arbeits- und Lebenswelt immer wichtiger würden. Zum anderen sollte die Einwanderungspolitik dafür sorgen, dass Immigranten wie etwa Kriegsgeflüchtete bei mangelnder Qualifikation möglichst rasch gefördert würden.
WENIG DYNAMISCHE ENTWICKLUNG
„In den letzten beiden Jahrzehnten hat in Europa eine starke Bildungsexpansion stattgefunden, die insbesondere von großen Veränderungen in den südeuropäischen Ländern getragen wurde.“ Hingegen sei die Entwicklung in Deutschland weit weniger dynamisch gewesen, so dass der Anteil der Niedrigqualifizierten an der Bevölkerung im Alter zwischen 25 bis 34 Jahren 2021 mit 14,6 Prozent nur noch marginal unter dem EU-Schnitt von 14,8 Prozent lag, erklärte das IW. Zudem sei der Anteil der Hochqualifizierten mit 35,7 Prozent gegenüber 41,2 Prozent deutlich niedriger. Das Institut räumte allerdings ein, dass man hier das Duale System berücksichtigen müsse. „Behält man die besondere Stellung der beruflichen Bildung in Deutschland im Blick und betrachtet alle Personen mit tertiärem oder berufsbildendem sekundärem Abschluss zusammen, lag der Anteil in Deutschland mit 77,0 Prozent allerdings noch weit über dem EU-Schnitt von 73,4 Prozent.“ Jedoch signalisierten aktuelle Statistiken, dass Deutschland zurückfallen könnte.
Mit dem Ausscheiden der besonders geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer wird sich die Ausgangslage für die deutsche Wirtschaft auf absehbare Zeit grundlegend verändern, wie die IW-Fachleute betonten. Die lange Jahre steigende Basis von Arbeitskräften werde voraussichtlich deutlich einbrechen. So lebten Ende 2021 rund 12,8 Millionen Personen zwischen 55 und 64 Jahren in Deutschland, wohingegen die Zahl der 15- bis 24-Jährigen nur bei 8,4 Millionen lag. Zwar könnte eine starke Zuwanderung diese Lücke noch spürbar verkleinern und eine größere Erwerbsbeteiligung etwa von Frauen oder Älteren helfen. Dennoch dürfte der Fachkräftemangel erheblich sein.
IW-Studie – Deutschland droht bei Bildung international zurückzufallen
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Alexa auf Pixabay
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