Mittwoch, Mai 15, 2024
StartUkraineInterview: Milliardär warnt vor möglichen Verstaatlichungen in der Ukraine

Interview: Milliardär warnt vor möglichen Verstaatlichungen in der Ukraine

Zürich/Kiew, 07. Mrz – Einer der reichsten Ukrainer warnt vor einer möglichen Verstaatlichung seines in London gelisteten Eisenerz-Produzenten Ferrexpo. Rechtssicherheit und der Schutz von Privateigentum seien die Grundlage für den wirtschaftlichen Wohlstand eines Landes, sagte Konstyantin Zhevago in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. „Sollte das Gegenteil der Fall sein, wäre dies ein fatales Signal an die internationale Investorengemeinschaft.“ Gegen den 49-Jährigen wird in der Ukraine wegen des Verdachts auf Veruntreuung und Geldwäsche ermittelt. Im Dezember war er in Frankreich verhaftet worden, befindet sich aber gegen Kaution auf freiem Fuß. Am Donnerstag entscheidet ein französisches Gericht über einen Auslieferungsantrag der Ukraine.

Am Dienstag ordnete ein ukrainisches Gericht die Sperrung von 50,3 Prozent der Beteiligungen des Konzerns an drei Ferrexpo-Werken an, wie der staatliche Einlagensicherungsfonds mitteilte. Das entspricht dem Anteil von 50,3 Prozent, den Zhevago an Ferrexpo hält. Die Werke in der zentralukrainischen Region Poltava erwirtschaften den größten Teil des Konzernumsatzes. Ferrexpo beliefert unter anderem Voest Alpine oder Thyssenkrupp mit Eisenerz-Pellets, die diese dann zu Stahl verarbeiten. Operativ wird das Unternehmen aus der Schweiz gesteuert. 

Die nun abgekündigte Sperrung von Ferrexpo-Aktien ist noch keine Verstaatlichung. Im November hatte allerdings die ukrainische Ausgabe des Magazins „Forbes“ gestützt auf einen Vertreter der Regierungspartei berichtet, dass die Ukraine einen solchen Schritt ins Auge fasse. „Das Signal, das der ukrainische Staat an die internationale Gemeinschaft aussenden würde, wäre verheerend und wahrscheinlich äußerst nachteilig für jede Aussicht auf einen EU-Beitritt“, erklärte Zhevago. Gegen eine mögliche Verstaatlichung werde er mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen.

Die Ferrexpo-Aktien, die als Folge des Krieges im Vorjahr bereits massiv an Wert verloren hatten, büßten am Dienstag weitere fünf Prozent ein. Refinitiv-Angaben zufolge gehören die Fondshäuser Schroder und Vanguard zu den Großaktionären des Unternehmens. Ferrexpo erklärte in einer Mitteilung, die Sperrung beziehe sich auf die Übertragung der Anteile des Unternehmens an den Tochtergesellschaften. Gegen eine ähnliche Sperrung habe das Unternehmen 2020 erfolgreich Einspruch eingelegt. Das operative Geschäft von Ferrexpo sei von der Gerichtsanordnung nicht betroffen.

„KANN KEINEN FAIREN PROZESS ERWARTEN“

Die Ukraine will Zhevago wegen des Verdachts auf Veruntreuung und Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Verschwinden von 113 Millionen Dollar aus dem 2015 in die Pleite gerutschten Kreditinstitut Finance & Credit Bank (F&C) vor Gericht stellen. „Ich weise die falschen Anschuldigungen gegen mich zurück, die politisch motiviert sind“, sagte er in der ersten Stellungnahme gegenüber einem internationalen Medium, nachdem er im Dezember auf Antrag der Ukraine in Frankreich verhaftet worden war.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich auf die Fahne geschrieben, den Einfluss der Oligarchen auf die Wirtschaft des Landes zu verringern. Seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 dominiert eine kleine Gruppe das politische System und die Wirtschaft des Landes. Zhevago, dem neben Ferrexpo eine Reihe weiterer Unternehmen gehören, saß von 1998 bis 2019 im Parlament. Im November 2022 hatte die Ukraine gestützt auf das Kriegsrecht fünf Großunternehmen von reichen Ukrainern konfisziert, darunter auch Zhevagos Nutzfahrzeughersteller AutoKraz. 

Die Probleme seiner Bank seien auf die russische Besetzung von Teilen des Staatsgebiets im Jahr 2014 zurückzuführen gewesen, verteidigte sich Zhevago. „Mehr als 90 (ukrainische) Banken und insbesondere die F&C-Bank verloren riesige Mengen an Geld, Vermögenswerten, Krediten, Sicherheiten, sie verloren Milliarden an Eigentum und in ihren Kreditbüchern, weil Russland große Teile der Ukraine bekämpft und besetzt hat.“ Er könne in der Ukraine keinen fairen Prozess erwarten. 

Interview: Milliardär warnt vor möglichen Verstaatlichungen in der Ukraine

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Copyright [mariakarabella] /Depositphotos.com

Hier finden Sie die aktuellen Livestream-Folgen. Mehr aus Web3, NFT und Metaverse

Kennen Sie schon unser neues Wirtschaftsmagazin „Paul F„? Jetzt bei Readly lesen.

Anzeigen

Neueste Beiträge

Das könnte dir auch gefallen!

Erhalte ab sofort alle wichtigen Nachrichten des Tages um 19 Uhr kostenlos per eMail in dein Postfach!

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.