Berlin, 05. Jan – Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) kritisiert die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) scharf. Deren schnelle Zinserhöhungen seien „überzogen“, monieren die Düsseldorfer Ökonominnen und Ökonomen in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Konjunkturausblick. Eine Fortsetzung dieses forcierten Kurses berge große Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, ohne die Ursache des starken Inflationsschubs entscheidend bekämpfen zu können.
„Eine Geldpolitik, die die Zügel zu straff anzieht, könnte die Erfolge des bisherigen Krisenmanagements infrage stellen, ohne ihr Ziel zu erreichen“, sagte der Wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Denn gegen den Hauptgrund der hohen Inflation, stark erhöhte Energiepreise, sei die Notenbank mit Zinserhöhungen machtlos. Für eine Verfestigung der Inflation durch Preis-Lohn-Spiralen gebe es im Euro-Raum keine überzeugenden Indizien. „Natürlich ist die starke Teuerung ein großes Problem und ganz besonders für Menschen mit niedrigeren oder mittleren Einkommen“, sagte Dullien. „Aber niemand hat etwas davon, wenn durch zinspolitischen Aktionismus die Konjunktur noch stärker ausgebremst wird und die Stabilität auf dem Arbeitsmarkt verloren geht.“
Die EZB hat im vergangenen Sommer ihre jahrelange Nullzinspolitik beendet und ihren Leitzins in mehreren Schritten auf aktuell 2,50 Prozent hochgeschraubt, um die Teuerung einzudämmen. Dadurch werden Kredite für Investitionen und Konsum teurer, was die Nachfrage und damit den Preisauftrieb dämpfen kann. Für dieses Jahr hat EZB-Präsidenten Christine Lagarde weitere Zinsanhebungen signalisiert.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte die EZB zu einem Verzicht auf weitere Zinserhöhungen auf. „In den letzten Monaten hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen in einem historisch rasanten Tempo erhöht“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell kürzlich der Nachrichtenagentur Reuters. „Weitere Zinsschritte könnten die Konjunktur empfindlich schwächen – steigende Arbeitslosigkeit und eine Zunahme sozialer Härten wären die Folge.“
Institut hält EZB-Kurs für überzogen – „Zinspolitischer Aktionismus“
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Bruno /Germany auf Pixabay
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