London, 11. Mai (Reuters) – Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar sind in der Ukraine nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) rund 4,8 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Die Arbeitsplatzverluste machten damit etwa 30 Prozent der ukrainischen Erwerbsbevölkerung vor Kriegsbeginn aus, teilt die ILO unter Verweis auf eine eigene Studie mit.
Sie könnten auf sieben Millionen steigen, wenn die Feindseligkeiten länger andauerten. Andererseits könnten 3,4 Millionen Arbeitsplätze im Falle eines Waffenstillstands schnell wieder entstehen. Die ILO warnte zudem, dass der Krieg auch die Arbeitslosigkeit in den Nachbarländern der Ukraine wie etwa Polen, die viele Flüchtlingen aufnehmen, in die Höhe treiben könnte. Auch zentralasiatische Länder könnten betroffen sein, wenn Wanderarbeiter in Russland ihre Arbeit verlören und heimkehrten.
Die ILO verwies darauf, dass der Konflikt die Wirtschaft in der Ukraine mit ihren vormals rund 44 Millionen Einwohnern weitgehend lahmgelegt, die Exporte abgewürgt und Millionen Menschen in die Flucht getrieben habe. „Die wirtschaftlichen Störungen in Verbindung mit der starken Binnenvertreibung und den Flüchtlingsströmen führen zu massiven Verlusten bei Beschäftigung und Einkommen“, so die Studie. „Die russische Aggression in der Ukraine hat zu einer verheerenden humanitären Krise geführt und die schnellste erzwungene Bevölkerungsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst.“
Wegen des russischen Angriffs sind mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Der Großteil der Flüchtlinge wurde in Nachbarländern der Ukraine wie Polen und Rumänien aufgenommen. Schätzungsweise 1,2 Millionen von ihnen seien vor der Invasion in Arbeitsverhältnissen beschäftigt gewesen, erklärt die ILO. Sollte der Krieg länger andauern, werde dies die Arbeitsmärkte und Sozialsysteme in diesen Ländern nachhaltig unter Druck setzen und die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich in die Höhe treiben.
„Rechnet man diese Flüchtlinge zu den Arbeitslosen hinzu, würde die Arbeitslosenquote in Polen von drei Prozent auf 5,3 Prozent steigen“, heißt es in der Studie. Der Krieg könnte sich auch auf Länder in Zentralasien auswirken, die stark von den finanziellen Überweisungen der in Russland arbeitenden Migranten abhängig sind. Ein wirtschaftlicher Abschwung in Russland, das durch westliche Sanktionen und die Kosten des Krieges unter Druck gerät, könnte dazu führen, dass Arbeitsmigranten ihre Arbeit verlieren und in ihre Heimat zurückkehren, erklärt die ILO.
Zudem habe der der Krieg weltweit schwere Folgen für die Menschen und den Arbeitsmarkt. Er verschärfe den Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise und bedrohe Arbeitsplätze und Reallohnzuwächse, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die sich immer noch von der Corona-Pandemie erholen müssen, so die Studie.
ILO – Fast fünf Millionen Jobs in der Ukraine seit Kriegsbeginn verloren
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.