Der Global Entrepreneurship Monitor ist weltweit die einzige Erhebung, die einen räumlichen und zeitlichen Vergleich der Gründungsquoten, Gründungsmotive und Gründungseinstellungen in der Gesamtbevölkerung vieler Länder auf allen Kontinenten der Welt ermöglicht. Seit 1999 werden in Deutschland und über 50 weiteren Ländern entsprechende Daten erhoben.
Seit 2017 untersucht das RKW Kompetenzzentrum in Eschborn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover das Gründungsgeschehen in Deutschland in Form einer jährlichen repräsentativen Bevölkerungsbefragung sowie einer Befragung von Gründungsexpertinnen und -Experten.
Die Ergebnisse der aktuellen GEM-Studie im Überblick:
Gründungsquote
Die Quote der Gründungsaktivitäten liegt in Deutschland erstmals über 9 Prozent
Laut des aktuellen GEM Länderberichts 2022/23 stieg die Gründungsquote in Deutschland im Jahr 2022 um 2,2 Prozentpunkte auf 9,1 Prozent (2021: 6,9 Prozent).
Das ist der höchste Wert, der seit dem Start des Global Entrepreneurship Monitors im Jahr 1999 erreicht wurde. Die GEM-Gründungsquote wird als Anteil der 18- bis 64-Jährigen definiert, die während der letzten 3,5 Jahre ein Unternehmen gegründet haben (Young Entrepreneurs) und/oder gerade dabei sind, ein Unternehmen zu gründen (Nascent Entrepreneur). Der betrachtete Zeitraum von 2019 bis Mitte 2022 umfasst damit auch die komplette Phase der Corona-Pandemie. Diese hatte zunächst zu einem starken Einbruch der Gründungsaktivitäten geführt, aber mit zunehmender Dauer neue Chancen eröffnet und zusätzliche Gründungen ermöglicht.
Gründungsaktivitäten International
Weltweite Gründungsaktivitäten erhöhen sich um 0,4 Prozentpunkte
Insgesamt zeigt sich auch auf internationaler Ebene eine positive Entwicklung bei den Gründungsaktivitäten. Diese haben sich von 2021 auf 2022 bei den im Rahmen des GEM betrachteten Ländern im Durchschnitt um 0,4 Prozentpunkte erhöht. Deutschlands Steigerung liegt mit gut 2,2 Prozentpunkten deutlich über diesem Schnitt. Andere Länder, wie etwa die USA (+ 2,7 Prozentpunkte) oder Norwegen (+ 3,4 Prozentpunkte), weisen sogar eine noch stärkere Dynamik auf. Trotz der signifikanten Steigerung der Gründungsquote belegt Deutschland in der Gruppe der Länder mit hohem Einkommen einen Rangplatz im (unteren) Mittelfeld.
Gründungstendenz
Anteil der Gründungsplanungen nimmt zu
Der Anteil der 18- bis 64-Jährigen, die zum Zeitpunkt der Befragung im Frühsommer 2022 meinten, innerhalb der kommenden drei Jahre ein Unternehmen starten zu wollen, lag in Deutschland bei rund 10 Prozent. Diese Maßzahl, die als ein Frühindikator der späteren Gründungsaktivitäten interpretiert werden kann, ist in den letzten vier Jahren kontinuierlich gestiegen (mit der Ausnahme des Corona-Jahres 2021).
Gründungen durch Migrantinnen und Migranten
Menschen mit Einwanderungsgeschichte gründen häufiger als in Deutschland Geborene
In den Jahren 2019 bis 2022 haben sich Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Vergleich zu Personen, die in Deutschland geboren sind, öfter selbstständig gemacht. Besonders deutlich war dieser Unterschied im Jahr 2022 – knapp 20 Prozent der befragten Personen mit Einwanderungsgeschichte bejahten die Frage, ob sie in den letzten dreieinhalb Jahren ein Unternehmen gegründet haben oder derzeit dabei sind, ein Unternehmen zu gründen. Die Gründungsquote der migrantischen Bevölkerung ist damit im Vergleich zum Jahr 2021 um 6 Prozentpunkte gestiegen. Dagegen stieg die Gründungsquote der nicht- migrantischen Bevölkerungsgruppe in 2022 im Vergleich zum Vorjahr nur um 1,7 Prozentpunkte. Insgesamt ist die Gründungsquote von Personen mit Einwanderungsgeschichte damit im zweiten Jahr hintereinander mehr als doppelt so hoch wie die der Personen ohne Einwanderungsgeschichte. Gründende mit Einwanderungsgeschichte schätzen mit 67,3 Prozent auch ihre Gründungschancen deutlich optimistischer ein als Gründende ohne Einwanderungsgeschichte (45,6 Prozent).
Gründungen durch Frauen
Die Steigerung der Gründungsaktivitäten führt nicht zur Auflösung des Gendergaps
Seit dem Start des GEM im Jahr 1999 haben Frauen seltener gegründet oder es vorgehabt als Männer. Und auch in 2022 war die Gründungsquote von Frauen mit 7,1 Prozent deutlich geringer als die der Männer mit 11 Prozent. Das seit 2019 insgesamt höhere Niveau an Gründungsaktivitäten ist also nicht von einer Verringerung des Gendergaps begleitet worden. Höheren Gründungsquoten von Frauen standen überproportionale Anstiege der Gründungen durch Männer gegenüber. Somit sind rund 40 Prozent der Gründungspersonen Frauen und 60 Prozent Männer. Außerdem war 2022 der Anteil der Gründungen im Vollerwerb bei Männern mit 65 Prozent deutlich höher als bei Frauen mit 40 Prozent.
Soziale und ökologisch Aspekte
Soziale und ökologische Transformation in Deutschland
Nachhaltigkeit ist ein viel beachteter Gesichtspunkt bei unternehmerischen Entscheidungen. Aber insbesondere soziale Aspekte bekommen für viele Gründerinnen und Gründer zunehmend Bedeutung.
Soziale Aspekte wurden im Rahmen von unternehmerischen Entscheidungen von 61 Prozent der Gründerinnen und Gründer mit einbezogen. Dieser Wert war 2022 mehr als 10 Prozentpunkte höher als bei etablierten Unternehmerinnen und Unternehmern. Bei den ökologischen Aspekten ist das Verhältnis ausgeglichener, diese berücksichtigten 54,5 Prozent der Gründenden und sogar 61,5 Prozent der etablierten Unternehmen.
Gründungen durch junge Menschen
Jüngere gründen verstärkt
In Deutschland haben sich Gründungsaktivitäten in den letzten fünf Jahren immer mehr in die jüngeren Altersgruppen verschoben. Im Jahre 2022 lagen die beiden jüngsten der im GEM erfassten Altersgruppen mit einer TEA-Quote von 15,2 Prozent (18- bis 64-Jährige) und 13,1 Prozent (25- bis 34-Jährige) deutlich über dem Mittelwert aller 18- bis 64-Jährigen (9,1 Prozent). Dagegen lag die TEA-Quote der 55- bis 64-Jährigen bei lediglich 4,1 Prozent. Somit war die Gründungsquote der jüngsten Altersgruppe fast viermal so hoch wie die der ältesten Altersgruppe. Auffällig ist der besonders hohe Anteil an Nascent Entrepreneurs (Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung versuchen, alleine oder im Zusammenschluss ein neues Unternehmen zu gründen, wobei der Gründungsprozess noch nicht formal abgeschlossen ist) in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen (69,4 Prozent).
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Quelle RKW Kompetenzzentrum