Bukarest, 03. Apr – Lange Zeit stand die Frage von immer neuen Waffenlieferungen für die Ukraine im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte. Doch nach mehr als einem Jahr Krieg gewinnt die Wartung und Instandsetzung der gelieferten Waffensysteme zunehmend an Bedeutung. Der Rüstungskonzern Rheinmetall überraschte am Sonntag mit der Ankündigung, in dem Nato-Staat Rumänien einen Reparatur-Hub etwa für Panzer und Panzerhaubitzen 2000 aufzubauen. Damit könnte ein weiterer Logistik-Hub für die Ukraine entstehen. „Wir wollen nicht nur an einer Stelle, sondern an mehreren Stellen dafür sorgen, dass es Möglichkeiten der Reparatur gibt“, sagte Kanzler Olaf Scholz bei einem Besuch in Bukarest.
Der Westen hat zwar Waffensysteme im hohen zweistelligen Milliardenwert geliefert. Doch eine Reparatur der stark beanspruchten Geräte ist in der Ukraine selbst nicht möglich. Es fehlen Fachleute und die Gefahr eines russischen Raketenangriffs ist zu groß. Deshalb fanden seit Monaten Gespräche vor allem mit den Nato-Ländern Polen und Slowakei statt. Die Grundüberlegung: Dort können die Fachleute der Rüstungsfirmen das Gerät reparieren. Und dort sind sie vor russischen Angriffen sicher.
Allerdings hat sich gezeigt, dass dies trotz gemeinsamer Nato-Mitgliedschaft und des erklärten Willens, der Ukraine zu helfen, nicht so einfach ist. Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen klagten gegenüber Reuters, dass etwa die polnische Regierung gleich die Offenlegung der Firmen-Knowhows für Waffensysteme wie der Panzerhaubitze 2000 eingefordert habe. Das macht die Zusammenarbeit für Firmen wenig attraktiv.
Deshalb gingen die Verhandlungen mit der Slowakei viel schneller voran – dem allerdings bürokratische Probleme im Grenzverkehr mit der Ukraine vorgeworfen worden waren. Daran scheiterte zunächst eine angedachte Wartung der Panzerhaubitzen. Zeit spielt aber bei der Hilfe für die Ukraine eine entscheidende Rolle. Deshalb galt es als unglücklich, dass bisher etwa Panzerhaubitzen zurück nach Deutschland gebracht werden mussten, um sie dann wieder an die Ostfront in der Ukraine zu transportieren.
Grundlage für die Zusammenarbeit ist theoretisch jeweils eine Absichtserklärung zwischen der Bundesregierung und dem jeweiligen Nato-Land. Bisher konnte ein solches MoU aber nur mit der Slowakei abgeschlossen werden. Darauf könnten dann die Industrieverträge aufbauen, heißt es. Deshalb könne jetzt die Reparatur etwa der Gepard-Flugabwehrpanzer und der Panzerhaubitzen beginnen, die sowohl Deutschland als auch die Niederlande an die Ukraine geliefert hatten. Bei Polen hofft man immer noch auf eine Einigung, denn beide Länder liefern nun Leopard-Panzer an die Ukraine – Polen allerdings die A4-Variante, Deutschland den moderneren A6-Kampfpanzer.
In Rumänien wiederum prescht nun die Industrie allein vor. „Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im Nato-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran“, sagte ein Rheinmetall-Sprecher am Sonntag zu Reuters. Die Arbeiten an dem Standort in der Umgebung der Stadt Satu Mare hätten bereits begonnen. Diese liegt nahe der ukrainischen Grenze. Das Zentrum solle noch im April seine Arbeit aufnehmen.
Es solle „eine zentrale Rolle dabei spielen, die Einsatzbereitschaft westlicher Kampfsysteme, die in der Ukraine in Nutzung sind, zu erhalten und ihre logistische Betreuung sicherzustellen“. Rheinmetall hatte schon im Juni 2022 gemeinsam mit dem Partnerunternehmen KMW im litauischen Jonava ein vergleichbares Wartungszentrum gegründet, um Gefechtsfahrzeuge der litauischen sowie weiterer im Baltikum stationierter Nato-Streitkräfte betreuen zu können.
Dahinter dürften auch weitergehende Überlegungen für eine Rüstungskooperation stehen. Denn der rumänische Präsident begrüßte beim Scholz-Besuch ausdrücklich eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland auch im Verteidigungsbereich. Das könnte auch eines der Probleme mit Polen zu sein. „Diese polnische Regierung kauft offensichtlich überall Waffen, aber auf keinen Fall in Deutschland“, heißt es in Regierungskreisen über den deutschland-kritischen Kurs der nationalkonservativen PiS-Regierung in Warschau.
Hintergrund: Mission Waffen-Reparatur – Logistikhubs sollen der Ukraine helfen
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Eugen Visan auf Pixabay
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