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StartBörseHintergrund: Europas größtes SPAC gibt auf - Initiatoren läuft Zeit weg

Hintergrund: Europas größtes SPAC gibt auf – Initiatoren läuft Zeit weg

München, 11. Apr – Mit 484 Millionen Euro in der Tasche gingen die Initiatoren der leeren Börsenhülle Pegasus Europe vor zwei Jahren auf die Suche nach einem FinTech-Unternehmen – nun geben sie auf. Das größte der als „SPAC“ (Special Purpose Acquisition Company) bekannten Investmentvehikel in Europa will den Investoren ihr Geld zurückgeben, wie aus der Einladung zur Hauptversammlung am 2. Mai hervorgeht. Sie hätten knapp die eingezahlten zehn Euro je Aktie zu erwarten. Denn die Initiatoren um den französischen Milliardär Bernard Arnault (LVMH) und den ehemalige UniCredit-Chef Jean-Pierre Mustier mussten einräumen, kein Übernahmeobjekt gefunden zu haben, das sie an die Börse hätten bringen können.

Das Aus für die an der Amsterdamer Börse gelistete Pegasus markiert wohl das Ende des SPAC-Booms, der Börsen und Investoren 2020 elektrisiert hatte. Schon im vergangenen Jahr hatte das mit vier Milliarden Dollar weltweit größte SPAC die Suche nach einem Übernahmeobjekt aufgegeben, die von dem Hedgefonds-Manager Bill Ackman initiierte Pershing Square Tontine. Hunderte dieser leeren Börsenmäntel wurden – zunächst in den USA, später auch in Europa – an den Aktienmarkt gebracht. Sie einte das Ziel, junge, aufstrebende Unternehmen zu entdecken und diesen zu einer Börsennotierung zu verhelfen.

Doch mit der Zahl der Flops, als die sich viele Übernahmeziele entpuppten, wuchs die Skepsis der Investoren, die einige hundert Milliarden Dollar in SPACs gepumpt haben. So war das Raumfahrt-Unternehmen Virgin Orbit im August 2021 bei dem „Börsengang durch die Hintertür“ über ein SPAC mit 3,2 Milliarden Dollar bewertet worden – Anfang April meldete es Insolvenz an. Viele Investoren wollten lieber ihr Geld zurück, statt neues Risikokapital in ein Unternehmen zu stecken, und votierten gegen die Übernahmepläne der Initiatoren.

Denen läuft vielfach die Zeit weg – so wie Mustier. Denn sie haben in der Regel nur 24 Monate Zeit, eine börsenreife Firma zu finden, um ein SPAC mit Leben zu füllen. Sonst müssen sie das eingesammelte Geld zurückgeben. Das amerikanische SPAC Digital World Acquisition brachte die Investoren immerhin dazu, die Frist zu verlängern, um endlich die Übernahme ihres Ziels unter Dach und Fach zu bringen: Truth Social, der selbst ernannte Twitter-Rivale von Ex-US-Präsident Donald Trump.

TONIES UND HOMETOGO MIT HERBEN KURSVERLUSTEN

Nach Europa schwappte die Welle ohnehin nur in abgeschwächter Form herüber – in Frankfurt etwa schafften es nur eine Handvoll SPACs an die Börse, und nicht alle wurden fündig. Zum finanziellen Erfolg für die Investoren wurden sie bisher nicht: Die zum Standardpreis von zehn Euro ausgegebenen Aktien des Kinder-Hörspiel-Startups Tonies kosteten am Dienstag 4,86 Euro, die des Reisevermittlers HomeToGo 2,83 Euro. Die Papiere der Londoner Learnd, die von einem SPAC des ehemaligen KlöCo-Chefs Gisbert Rühl geschluckt wurde, notierten immerhin bei 9,35 Euro. Das Start-up hat sich die Senkung von Energiekosten und CO2-Emissionen in Gebäuden auf die Fahnen geschrieben. Für das SPAC war Learnd der zweite Anlauf, nachdem die Übernahme des Heizungs-Thermostatherstellers Tado geplatzt war.

Pegasus Europe scheiterte nach einem Bericht der „Financial Times“ (Dienstagausgabe) unter anderem an der Zinswende. Die These der Initiatoren, dass die europäische Finanzbranche reif für eine Konsolidierung sei, ging nicht auf. Pegasus habe sich Dutzende möglicher Ziele angeschaut, von Vermögensverwaltern über Zahlungsdienstleister bis zu klassischen Fintechs, und für gut eine Handvoll konkrete Angebote unterbreitet, berichtete die Zeitung unter Berufung auf drei dem SPAC nahestehende Personen. Doch beim Preis sei man sich nicht einig geworden. „Das war in einer Phase, in der die Verkäufer nicht bereit waren, die Realität am Markt zu sehen“, sagte einer der Insider mit Verweis auf die sinkenden Börsenkurse für Tech-Firmen der Zeitung.

ONLINE-WERBUNG STATT FINTECH

Der ehemalige Commerzbank-Chef und UBS-Manager Martin Blessing ging einen anderen Weg: Sein 382 Millionen Euro schweres Übernahme-Vehikel wollte eigentlich auch ein FinTech schlucken, entschied sich aber am Ende für Azerion, ein 2014 gegründetes niederländisches Unternehmen, das sein Geld vor allem mit Werbeplatzierungen in Online-Spielen verdient. Und die Investoren zogen mit, zu einer Bewertung von 1,3 Milliarden Euro. Ebenfalls in Amsterdam haben der ehemalige McKinsey-Deutschland-Chef Cornelius Baur und die früheren Vorstandschefs von Merck und Qiagen, Stefan Oschmann und Peer Schatz, ihr SPAC European Healthcare (EHC) platziert. Sie sind dabei, Croma, einen österreichischen Hersteller von Hyaluronsäre-Spritzen, zu schlucken.

Auch deutsche Start-ups profitierten von der SPAC-Welle in den USA. Das bayerische Flugtaxi-Unternehmen Lilium etwa wurde im September 2021 für eine Bewertung von rund 2,8 Milliarden Dollar in einen Börsenmantel an der Nasdaq eingebracht, heute liegt der Börsenwert bei 240 Millionen Dollar. Zwei Drittel der Investoren hatten noch vor der Verschmelzung ihre Anteile zurückgegeben. Der Elektroauto-Hersteller Next e.GO hofft noch auf einen Käufer aus den USA. Doch die Verschmelzung mit Athena Consumer Acquisition, die die Aachener Firma mit gut 900 Millionen Dollar bewerten sollte, zieht sich seit dem vergangenen Juli hin.

Hintergrund: Europas größtes SPAC gibt auf – Initiatoren läuft Zeit weg

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Michael Siebert auf Pixabay

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