Berlin, 16. Dez – Zwei Wochen nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 am Freitag zugestimmt. Damit kann zum Jahresanfang 2023 ein ganzes Sammelsurium von Steueränderungen in Kraft treten. Über den alljährlichen Lumpensammler zum Jahresende geht das Gesetz in diesem Jahr aber weit hinaus. Das Paket birgt eine Reihe von Steuervorteilen etwa im Wohnungsbau, für Solarstromanlagen und für Arbeitnehmer in sich. Aber es enthält auch Änderungen, die auf Steuererhöhungen hinauslaufen – etwa mit einer erstmaligen Übergewinnsteuer für einige Energie-Unternehmen und dem Bewertungsgesetz, das Immobilien-Übertragungen verteuern könnte. In der Summe wird mit gesamtstaatlichen Steuermindereinnahmen von etwa 4,5 Milliarden Euro – bezogen auf ein Jahr – gerechnet.
Es folgt ein Überblick der wichtigsten Änderungen:
ÜBERGEWINNSTEUER
Unternehmen in der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft sollen einen auf die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023 befristeten Energiekrisenbeitrag leisten. Damit wird eine EU-Vorgabe umgesetzt. Gewinne, die im Vergleich zu den Vorjahren den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, werden mit 33 Prozent besteuert. Die auf eine bis drei Milliarden Euro geschätzten Einnahmen sollen zur Finanzierung der Strompreisbremse für Verbraucher beitragen.
ENTLASTUNGEN FÜR ARBEITNEHMER UND KAPITALEINKÜNFTE
Die Pauschale für das häusliche Arbeitszimmer bei der Steuererklärung und die Homeoffice-Pauschale werden ab 2023 in einer Tagespauschale von sechs Euro (bisher fünf) zusammengeführt. Sie kann für 210 Tage geltend gemacht werden. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei den Werbungskosten wird auf 1230 Euro statt geplanter 1200 Euro erhöht. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steigt von 4008 Euro auf 4260 Euro. Der Sparer-Pauschbetrag für Zins- und Kapitaleinkünfte wird von 801 Euro auf 1000 Euro angehoben.
SOLARSTROM
Einnahmen aus kleinen Solarstromanlagen sind rückwirkend ab Jahresanfang 2022 steuerfrei. Ab 2023 entfällt für Kauf und Installation von Photovoltaik-Anlagen bis zu einer Leistung von 30 Kilowatt und Stromspeichern die Umsatzsteuer von 19 Prozent. Dies soll die Solarwende auf Privathäusern fördern.
WOHNUNGSBAU
Im Mietwohnungsbau wird die Sonderabschreibung fortgeführt, die aber an klimafreundliches Bauen gekoppelt wird. Für vier Jahre können jeweils fünf Prozent der Herstellungskosten steuerlich abgesetzt werden, wenn der sehr hohe Standard des Energieeffizienz-Hauses 40 eingehalten wird und die Baukosten nicht über 4800 Euro pro Quadratmeter liegen. Zudem wird ab Jahresanfang 2023 die lineare Abschreibung für Wohngebäude von zwei auf drei Prozent angehoben.
ALTERSVORSORGE
Der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen gilt schon ab 2023. Bisher waren für 2023 noch 96 Prozent und 98 Prozent für 2024 vorgesehen. Damit soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden.
BESTEUERUNG VON ENERGIE-ENTLASTUNGEN
Bei Privatpersonen mit höheren Einkommen wird ein Teil der Entlastungen durch die Soforthilfe im Dezember sowie die Gas- und Wärmepreisbremse wieder eingesammelt. Dies soll nur Steuerzahlende betreffen, die auch den Solidaritätszuschlag noch zahlen. Für sie erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen. Dies wird als sozialer Ausgleich gewertet, da höhere Einkommen auf die Entlastungen weniger angewiesen seien. Es wird mit Einnahmen von etwa 850 Millionen Euro gerechnet. Vorgesehen ist auch eine Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Rentner und Pensionäre.
Vor der Bundesratssitzung war aus der Union vor allem der Verwaltungsaufwand kritisiert worden. Daher sicherte nun die Bundesregierung in einer Protokollerklärung zu, sie werde „den steuerlichen Administrationsbedarf in einem zeitnahen Gesetzgebungsverfahren des Bundesministeriums der Finanzen aufgreifen“. Sie verspricht: „Dabei werden die besonderen Belange der Versorger, der Vermieter, der Wohnungseigentümergemeinschaften und der Finanzverwaltung nach administrativ einfachen und bürokratiearmen Verfahren berücksichtigt.“
BEWERTUNGSGESETZ
Die Übertragung von Immobilienvermögen – etwa durch Schenkungen und Erbschaften – könnte teurer werden. Änderungen im Bewertungsgesetz können dazu führen, dass bei der Wertermittlung einer Immobilie der steuerliche Wert ab Jahresanfang 2023 höher angesetzt werden muss. Ziel ist eine verkehrswertnähere Bewertung. Im Ergebnis könnten Erbschaft-, Schenkung- und Grunderwerbsteuer höher ausfallen.
STEUER-ID
Erstmals wird ein direkter Auszahlungsweg für die Möglichkeit staatlicher Hilfen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer geschaffen. Dies soll Nothilfen oder Klimagelder erleichtern.
Grünes Licht vom Bundesrat für Steueränderungen
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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