Erdbeeren führen das „schmutzige Dutzend“ an. Zumindest ist das dem “Shopper’s Guide to Pesticides in Produce“ (https://naturesfoodpatch.com/dirtydozenandcleanfifteen/) zufolge so. Den veröffentlicht die US-amerikanische Environmental Working Group (EWG) alljährlich unter dem Titel „Clean Fifteen – Dirty Dozen“. Der Leitfaden listet die zwölf Obst- und Gemüsesorten auf, die nach neuesten Forschungsergebnissen am stärksten mit Pestiziden belastet sind, bzw. bei denen das Risiko einer Pestizidbelastung am größten ist.
Demnach stehen Erdbeeren und Spinat an der Spitze der jährlichen Liste des „Schmutzigen Dutzend“ von Obst und Gemüse mit dem höchsten Pestizidgehalt, gefolgt von drei Grünsorten – Grünkohl, Kohl und Senf -, Nektarinen, Äpfeln, Weintrauben sowie Paprika und Peperoni, so die Environmental Working Group in ihrem Einkaufsführer für 2022.
Neben dem schmutzigen Dutzend führt der EWG-Leitfaden auch die „sauberen Fünfzehn“ auf, das heißt, die am wenigsten kontaminierten Produkte, zu denen etwa Wassermelonen und Süßkartoffeln – meist Früchte oder Gemüse mit robuster Schale – zählen. Die Liste klärt Konsumenten auf, die auf eine gesunde Ernährung Wert legen, aber die hohen Kosten von Bio-Produkten scheuen. Zu den „guten Früchten“ gehören auch Avocados, Ananas, Zwiebel, Spargel, Honigmelonen, Pilze, Mangos und Kiwis.
Grüne Innovationen könnten indes solche Auflistungen bald obsolet machen. Mit nachhaltigen Lösungen ist es schon heute möglich, den Ausschuss an Erdbeeren im Einzelhandel massiv zu verringern. Dies gelingt dank eines umweltfreundlichen und kostengünstigen Verfahrens. Dabei wird das Innere der Frucht genutzt, um das Äußere zu schützen. Die Früchte werden mit einer speziellen Mischung aus Speisesäuren und Oxidationsmitteln behandelt und halten sich im Kühlregal 13 Tage lang bei vier Grad und dann zwei Tage im Supermarkregal. Das ist um so beachtlicher, da Erdbeeren besonders leicht verderblich sind: In der Regel gehen 60 Prozent der Früchte nach der Ernte verloren.
Auch müssen weniger Zitrusfrüchte, Mangos, Avocados, Paprika oder Birnen entsorgt werden, wenn sie mit nachhaltigen Produkten behandelt werden. Der Vorteil: Die grünen Mittel können problemlos anstelle von Pestiziden in bestehende Systeme integriert werden.
Dies bietet sich um so mehr an, als zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass der Verzehr von Nahrungsmitteln mit hohen Pestizidrückständen die Gesundheit beeinträchtigen kann. Jüngste Forschungsergebnisse der Harvard University etwa zeigen, dass der Verzehr von Obst und Gemüse mit hohen Pestizidrückständen die ansonsten gesundheitsfördernden Auswirkungen des Obst- und Gemüseverzehrs potentiell verringert, also auch den Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Spruch „An apple a day keeps the doctor away“ etwa gilt bei einem kontaminierten Apfel demnach nur noch eingeschränkt.
Aktuell werden etliche Pilotprojekte betrieben, bei denen die Nacherntebehandlung von einer konventionellen (mit Pestiziden) auf eine nachhaltige umgestellt wird: u.a. in Peru, Südafrika, Marokko, Ägypten und der Türkei. Für den europäischen Markt sowie als Partner für die Verpackungsbetriebe, die nach Europa exportieren, ist eine solche Behandlung optimal. Zum einen sind die Bestimmungen in Bezug auf Pestizide und Pflanzenschutz in der EU besonders streng geregelt, zum anderen nimmt auch das ökologische Bewusstsein der Europäer stetig zu.
Die nachhaltigen Behandlungsmethoden sind bereits durch zehn Patente geschützt. Weitere sollen folgen. Denn das Repertoire innovativer Lebensmitteltechnologien ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Dabei wird auch die Börse genutzt, um die finanziellen Weichen für eine Expansion zu stellen und in die Phase der Kommerzialisierung überzugehen. Der Markt dafür ist riesig und wird jährlich auf global mehr als zwei Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Vision ist, dass möglichst viele Menschen weltweit mit erschwinglichem frischem Obst und Gemüse versorgt werden können: Idealerweise wird es bald kein schmutziges Dutzend mehr geben und Konsumenten können Erdbeeren unbesorgt genießen, auch wenn sie nicht aus dem Bio-Anbau stammen.
Autor:
Dan Sztybel ist CEO von Save Foods, ein US-amerikanisches Unternehmen der Agrar- und Ernährungstechnologie (ISIN: US80512Q3039). Save Foods bietet nachhaltige Lösungen für frische Lebensmittel bei Vermeidung von Kontamination mit Krankheitserregern.
„Es sollte kein schmutziges Dutzend geben“: Grüne Alternativen zu Pestiziden
Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder