Berlin, 14. Okt – An der Preisfront in Deutschland geht es weiter nur nach oben. Spürbar steigende Preise für landwirtschaftliche Produkte signalisieren, dass sich Lebensmittel weiter verteuern dürften. Befeuert von stark anziehenden Energiekosten legten zudem die Preise der Großhändler im September wieder um fast 20 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. „Die Großhandelspreise befinden sich auf hohem Niveau und steigen unaufhörlich weiter“, erklärte Präsident Dirk Jandura vom Branchenverband BGA. „Dies zeigt, dass die Lieferketten weiterhin unter großem Druck stehen, es kommt immer noch zu Lieferverzögerungen und Produktengpässen.“
Derweil hat das geplante 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr Ökonomen zufolge anders als sein günstigerer Vorgänger für neun Euro nicht das Zeug dazu, die Teuerung in Schach zu halten. „Es ist nicht zu erwarten, dass das 49-Euro-Ticket eine Inflationsbremse wird“, sagte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) der Nachrichtenagentur Reuters. Ähnlich sieht das der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding: Die Teuerungsrate werde „nur in geringem Umfang“ gedrückt, „vielleicht mit 0,1 Prozentpunkten“.
Der Wegfall von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt trug dazu bei, dass die Inflationsrate im September mit 10,0 Prozent auf den höchsten Stand seit 1951 stieg. Im August hatte die Teuerungsrate noch 7,9 Prozent betragen. Experten gehen davon aus, dass die Verbraucherpreise bald noch stärker steigen. Das Wirtschaftsministerium erklärte dazu: „Auch für die nächsten Monate werden weiterhin hohe Inflationsraten erwartet.“
Dies signalisieren ebenfalls die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte, die als Vorstufe der allgemeinen Teuerung gelten. Sie lagen im August durchschnittlich 34,5 Prozent höher als im Vorjahresmonat, nach 33,4 Prozent im Juli und 35,6 Prozent im Mai. Steigende Nahrungsmittelpreise gehören neben Energie zu den größten Inflationstreibern in Deutschland: Sie kosteten im September 18,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Die Preise für pflanzliche Produkte erhöhten sich im August um 21,4 Prozent. Speisekartoffeln kosteten dabei 23 Prozent mehr als vor einem Jahr, Getreide sogar fast 40 Prozent mehr. Beim Gemüse (+10,0 Prozent) stiegen insbesondere die Preise für Blumenkohl (+34,3 Prozent) und Gurken (+57,1 Prozent). Obst kostete neun Prozent weniger, wobei unter anderem Tafeläpfel mit 21,3 Prozent für einen Preisrückgang sorgten.
Überdurchschnittlich stark kletterten im August die Preise für tierische Erzeugnisse mit 44,1 Prozent. Für Milch musste dabei 55,9 Prozent mehr bezahlt werden. „Damit setzte sich der Preisanstieg gegenüber dem Vorjahresmonat bei der Milch seit März 2021 kontinuierlich fort.“ Bei Preisen für Tiere gab es einen Anstieg von 35,5 Prozent, nach plus 29 Prozent im Juli. Rinder verteuerten sich um gut 25 Prozent, Schlachtschweine um fast 43 Prozent. Geflügel kostete 36,6 Prozent mehr, allein Hähnchen wurden knapp 40 Prozent teurer.
Im Großhandel stiegen die Preise im September um 19,9 Prozent binnen Jahresfrist und damit wieder stärker als in den Vormonaten. Der bisherige Höhepunkt wurde im April mit einem Anstieg um 23,8 Prozent erreicht – die stärkste Zunahme seit Einführung der Statistik 1962. „Im Mittelpunkt des Preisdrucks stehen vor allem Energie und Güter, deren Herstellung mit hohem Energieeinsatz verbunden sind“, sagte Jandura, der Chef des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Hier müssten die Angebotsbedingungen verbessert werden.
„Vor allem die Versorgung mit bezahlbarer Energie muss sichergestellt sein.“ Dafür müssten jetzt „jenseits von parteipolitischen Denkverboten alle verfügbaren Energieträger ans Netz“. Preisbremsen könnten nur vorübergehend helfen. „Sie lösen dauerhaft keine Versorgungsengpässe.“
Großhandelspreise steigen erneut – Auch Agrarprodukte wieder teurer
Quelle: Reuters
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