Update Berlin, 31. Aug – Die stark steigenden Preise setzen den deutschen Großhändlern zu. Die kräftigen Umsatzzuwächse drohen in diesem Jahr von der hohen Inflation komplett aufgezehrt zu werden, warnte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) am Mittwoch. Zwar dürften die Einnahmen um etwa 15 Prozent auf den Rekordwert von 1700 Milliarden Euro zulegen. Inflationsbereinigt sieht es aber wesentlich schlechter aus. „Real, und das ist der wichtigste Wert, rechnen wir mit einer nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik und somit mit einer Tendenz in Richtung Null, wenn nicht gar darunter“, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. „Wenn nominale und reale Umsätze so weit auseinanderlaufen, ist diese Entwicklung alarmierend.“
Eine Teilschuld daran gibt der Branchenverband der Euro-Schwäche, durch die Importe wie Rohöl noch teurer in Übersee eingekauft werden müssen und so die Kosten für die Unternehmen weiter nach oben treiben. Der BGA befürwortet daher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins stärker anhebt und so den Euro attraktiver für Anleger macht, wodurch dessen Talfahrt gestoppt werden könnte. „Einen beherzten Zinsschritt“, wünscht sich Jandura. „Da wäre ich sehr dafür.“ Die EZB hatte ihren Leitzins im Juli von 0,0 auf 0,5 Prozent angehoben und könnte im September auf 1,0 oder 1,25 Prozent nachlegen. „Das kann die letzte Möglichkeit sein, überhaupt noch Zinsen zu erhöhen und damit etwas gegen die Inflation zu tun“, sagte Jandura.
Rückenwind für das Auslandsgeschäft versprechen sich die deutschen Groß- und Außenhändler nicht vom schwächelnden Euro. „Wir haben wenig davon auf der Exportseite“, sagte Jandura. „Dort sind eigentlich die Effekte relativ gering. Aber wir spüren es dramatisch auf der Importseite.“ Das bereite ihm Sorge.
„MUTIGERER STAAT GEWÜNSCHT“
Die Großhändler – die als Scharnier zwischen Herstellern und Handel gelten und international stark vernetzt sind – blicken alles andere als entspannt auf Herbst und Winter. „Die Sorgen bezüglich der Energieversorgung und der Energiepreise sind überdeutlich“, sagte Jandura. Drei von vier Unternehmen drücken demnach steigende Preise, ergab eine Verbandsumfrage. „Von Erschwernissen in der Gasversorgung zur Erzeugung von Strom und Wärme sind 80 Prozent der Großhändler betroffen, jeder fünfte Großhändler sogar ‚massiv'“, sagte der BGA-Präsident. Wie stark der Druck im Kessel sei, zeigten vor allem die Geschäftserwartungen: Dieses Barometer sei zuletzt um 26 Punkte eingebrochen und liege mit 76 Zählern fast wieder so niedrig wie zu Beginn der Corona-Pandemie.
Die Rufe nach staatlicher Hilfe werden daher lauter. „Die Unternehmen wünschen sich einen mutigeren Staat“, sagte Jandura. „Sie sehen kurzfristig dringenden Handlungsbedarf bei der Entlastung bei Steuern und Abgaben.“ Diese Auffassung vertrete fast jeder zweite befragte Betrieb. Notwendig sei zudem eine stabile, sichere und bezahlbare Energieversorgung.
Großhandel erwartet Umsatzplus – „Real geht es aber in Richtung Null“
Quelle: Reuters
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