Samstag, April 20, 2024
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Generelle Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vom Tisch

Berlin, 20. Sep (Reuters) – Eine generelle Speicherung von Telekommunikationsdaten zur möglichen Aufklärung von Verbrechen in Deutschland verstößt gegen europäisches Recht. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einer am Dienstag veröffentlichten Entscheidung und beendete damit eine jahrelange Hängepartie. Bundesjustizminister Marco Buschmann kündigte als Reaktion einen zügigen Gesetzentwurf zur Ausgestaltung einer anlassbezogenen Datenspeicherung an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte allerdings, dass die anlasslose Speicherung von IP-Adressen vor allem bei der Verfolgung von sexueller Gewalt gegen Kinder für die Ermittler wesentlich sei.

In dem Urteil des EuGH heißt es, das Unionsrecht stehe „einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten“ entgegen. Allerdings könne die Speicherung von Daten möglich sein, wenn „eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit“ vorliege. In diesem Fall sei eine „gezielte Vorratsdatenspeicherung“ sowie für einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum „eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP-Adressen“ möglich. Zur Bekämpfung schwerer Straftaten könne Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste auch aufgegeben werden, „während eines festgelegten Zeitraums die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern“.

Die Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist seit Jahren umstritten. Ursprünglich waren Telekommunikationsanbieter verpflichtet, Verkehrsdaten anlasslos zu speichern und im Bedarfsfall Sicherheitsbehörden zur Verfügung zu stellen. Der Münchner Internetanbieter SpaceNet AG hatte gegen die Regelung geklagt und 2017 vor dem Oberverwaltungsgericht Köln Erfolg. Daraufhin setzte die Bundesregierung die Anwendung aus, ging aber vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berufung, das den Fall dem EuGH vorlegte.

„NACH DEM HEUTIGEN URTEIL ZULÄSSIG“

Buschmann sprach von einem „guten Tag für die Bürgerrechte“. Als zuständiger Minister kündigte er an, ein neues Gesetz „schnell auf den Weg“ bringen zu wollen und nannte für die Vorlage eines Entwurfs einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen. „Jede weitere Verzögerung sorgt dafür, dass Ermittler kein neues Instrument in der Hand haben“, sagte der FDP-Politiker. Er verwies dabei erneut auf das sogenannte „Quick-Freeze“-Verfahren, um anlassbezogen und mit richterlichem Beschluss Telekommunikationsdaten für einen begrenzten Zeitraum speichern zu können.

Faeser betonte die Möglichkeiten, die der Europäische Gerichtshof als legal für eine Speicherung definiert. „IP-Adressen dürfen gespeichert werden, um schwere Kriminalität bekämpfen zu können“, sagte die SPD-Politikerin. „Zudem gestattet der EuGH gezielte Speicheranordnungen für Orte wie Flughäfen oder Bahnhöfe und für Gegenden mit einer hohen Kriminalitätsbelastung.“ Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder sei ihre dabei besonders wichtig. „Die Speicherung der Daten, mit denen wir Täter identifizieren können, ist unbedingt erforderlich – und nach dem heutigen Urteil zulässig.“

Die Bundestagsfraktionen von SPD und FDP stellten sich in einer ersten Reaktion hinter das „Quick-Freeze“-Verfahren. Auch der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, begrüßte entsprechende Pläne Buschmanns. Die Fraktion von CDU/CSU forderte wie Faeser eine volle Ausreizung des Urteils: „Mit dem EuGH-Urteil von heute ist klar: Eine befristete Speicherung von IP-Adressen zur besseren Aufklärung und Verfolgung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist zulässig“, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz. „Die Bundesregierung hat nun keine Ausrede mehr.“

Generelle Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vom Tisch

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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