UPDATE Berlin, 22. Nov – Die Haushalte in Deutschland sollen mit der Gaspreisbremse doch schon ab Januar entlastet werden. Zwar soll die Deckelung des Gas- und Fernwärmepreises erstmals ab März umgesetzt werden, dann würden aber die Monate Februar und Januar rückwirkend mit angerechnet, heißt es in den Gesetzentwürfen zur Strom- und Gaspreisbremse, die Reuters am Dienstag vorlagen. Wie geplant, sollen 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf zwölf Cent pro Kilowattstunde für Haushalte und Gewerbe begrenzt werden. Beim Strom soll der Deckel bei 40 Cent liegen. Ähnliches ist für die Groß-Industrie festgelegt. Im Gesetzentwurf ist nun verankert, dass die Unternehmen trotz dieser staatlichen Hilfe Dividenden und Boni auszahlen dürfen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte, das Vorhaben sei wichtig, um die Existenz von weiten Bereichen der Industrie zu sichern.
Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine waren Gas- und in der Folge die Strompreise rasant gestiegen. Für Haushalte wurde deshalb bereits für Dezember ein einmaliger Abschlag auf den Gaspreis in Höhe von rund einem Zwölftel der Jahresrechnung beschlossen. Kritik entzündete sich daran, dass die nächste Entlastungsstufe zunächst erst ab März greifen sollte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete die Änderung dann auch so: „Das liegt schlicht daran, dass wir die Entlastungswirkung in diesen Wintermonaten spürbar und deutlich werden lassen wollen.“
Der Verbraucherzentralen Bundesverband lobte dies als wichtige Nachbesserung: „Angesichts extremer Preissprünge brauchen die Verbraucher die Entlastung besser früher als später“, sagte Vorständin Ramona Pop. Der Deutsche Mieterbund (DMB) schloss sich dem an, warnte aber, die Mieter seien auf die Mitwirkung der Vermieter angewiesen, wenn die Hilfe im März rückwirkend greifen solle: „Ob Vermieter diese Regelungen unverzüglich umsetzen müssen, ist nach wie vor offen.“
Finanziert werden soll das Vorhaben, das allein beim Gas über 50 Milliarden Euro kosten könnte, über einen sogenannten Abwehrschirm von 200 Milliarden Euro. Die Preisbremsen sollen bis April 2024 gelten. Die Gesetzentwürfe sollen diese Woche im Kabinett beschlossen werden, damit sie noch im Dezember Bundestag und Bundesrat passieren können.
GROSSER HAUSHALT KÖNNTE UM ÜBER 1000 EURO ENTLASTET WERDEN
Nach einer Beispiel-Rechnung der Regierung könnte ein vierköpfiger Haushalt mit einer 100-Quadratmeter-Wohnung bei Strom und Gas um über 1000 Euro im Jahr entlastet werden. Umgesetzt werden soll dies, indem die Versorger die monatlichen Abschläge entsprechend reduzieren. Ein Verbrauch über 80 Prozent des Vorjahres schlägt mit den aktuell hohen Preise zu Buche. Wer aber weniger als 80 Prozent verbraucht, soll zusätzlich profitieren. Damit wird ein Anreiz geschaffen, weiter Gas zu sparen.
Für die rund 25.000 Groß-Verbraucher der Industrie soll ebenfalls ab Januar ein Preis von 7 Cent für 70 Prozent des Gas-Verbrauchs und von 13 Cent beim Strom gelten. Strittig war, ob Unternehmen trotz dieser milliardenschweren Hilfen weiter Dividenden oder Boni für Manager zahlen dürfen. Laut Gesetzentwurf soll dies aber nur bei direkten Kapitalhilfen untersagt werden. Allerdings gibt es in der Ampel-Koalition viele Stimmen, die ein Dividendenverbot gefordert hatten. Das Thema dürfte daher noch einmal diskutiert werden, wenn das Gesetz im Dezember im Parlament behandelt werden soll.
ABSCHÖPFUNG VON GEWINNEN DER STROMERZEUGER
Weiter wird in den Gesetz-Entwürfen geregelt, dass die Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne der Stromerzeuger nun doch rückwirkend ab September gelten soll. Erste Eckpunkte waren bereits vor zwei Wochen bekannt gewordenRead full story. Die Abschöpfung erfolgt rückwirkend ab dem 1. September 2022. „Spätestens ab diesem Datum konnten die Anlagenbetreiber nicht mehr darauf vertrauen, dass sie ihre Überschusserlöse behalten können“, heißt es im Entwurf. Die Abschöpfung soll zunächst bis Juni gehen, kann aber bis Ende 2024 verlängert werden. Die Produzenten können gestaffelt nach Erzeugungsart wie etwa Wind-, Sonne- oder Braunkohle einen bestimmten Basiserlös plus eines Aufschlages behalten, müssen darüber hinaus aber 90 Prozent der Erlöse abtreten.
Der Bundesverband Erneuerbarer Energie (BEE) kritisierte den Gesetzentwurf daher scharf: „Deutschland steigt aus den fossilen Energien aus und zieht gleichzeitig den Erneuerbaren Zukunftsträgern den Boden unter den Füßen weg. Die Bundesregierung riskiert hier mutwillig und ohne Not die bisher erzielten Fortschritte bei der Energiewende“, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. Eine rückwirkende Abschöpfung sei zudem verfassungswidrig. Der Stadtwerke-Verband (VKU) sprach von einem Irrweg und einer Gefährdung des Investitionsklimas.
Gaspreisbremse schon ab Januar – Firmen dürfen Dividende zahlen
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay
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