Hamburg, 28. Sep – Im Musterprozess um Schadensersatzforderungen gegen den VW-Haupteigner Porsche SE will das Oberlandesgericht Stuttgart die früheren Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter als Zeugen hören. Als Termin für ihre Vernehmung setzte der Zivilsenat den 7. Dezember fest. Außerdem ließ das Gericht einen Erweiterungsantrag eines der klagenden Aktionäre zu. Damit solle geklärt werden, ob die von dem Kläger behauptete Entscheidung von Volkswagen im Juni 2008 manipulierte Dieselautos in Verkehr zu bringen, für die Porsche SE eine börsenrelevante Insiderinformation darstellte, die hätte veröffentlicht werden müssen. Wiedeking war früher Vorstandschef, Härter Finanzchef der Porsche Automobil Holding SE (PSE).
Wiedeking und Härter saßen in der fraglichen Zeit zugleich im Aufsichtsrat von Volkswagen. Wegen der engen personellen Verflechtung der beiden Gesellschaften gehen die Kläger davon aus, dass die Porsche SE von den Vorgängen bei Volkswagen wusste und die Aktionäre über den Einbau einer illegalen Abschalteinrichtung hätte informieren müssen.
Die Holding, über die die Familien Porsche und Piech die Mehrheit am Wolfsburger Autokonzern halten, wies erneut alle Vorwürfe zurück „Es bleibt bei der Einschätzung der Porsche SE, dass die geltend gemachten angeblichen Schadensersatzansprüche nicht bestehen“, erklärte ein Sprecher. Die Porsche SE sei überzeugt, dass die Beweisaufnahme dies bestätigen werde.
Mit der Entscheidung, die beiden früheren Vorstände als Zeugen zu vernehmen, tritt das OLG in die Beweisaufnahme ein. Dem Musterverfahren liegt zugrunde, dass eine Vielzahl von Kapitalanlegern in den Jahren 2016 und 2017 beim Landgericht Schadensersatzklagen erhoben haben. Sie sind der Ansicht, dass neben Volkswagen auch deren Hauptaktionär PSE vor der Ad-hoc-Mitteilung im September 2015 bereits Veröffentlichungspflichten verletzt habe. Nachdem in dem Kapitalanleger-Musterverfahren bisher die Jahre 2014 und 2015 im Zentrum standen, soll nach der Erweiterung nun auch der Zeitraum seit Juni 2008 in den Blick genommen werden.
DAS MILLIARDEN-KARUSSEL
In dem Stuttgarter Musterprozess geht es darum, ob der VW-Hauptaktionär die Börse über den im September 2015 aufgeflogenen Dieselskandal früher hätte informieren müssen. Ein ähnliches Verfahren gegen Volkswagen und die Porsche SE zieht sich seit mehreren Jahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig hin. Die Aufarbeitung des Dieselskandals hat Volkswagen bisher 33,4 Milliarden Euro gekostet.
Am Freitag wird vom Oberlandesgericht Celle ein Urteil erwartet, bei dem es um den vor mehr als zehn Jahren gescheiterten Versuch von Porsche geht, den sehr viel größeren Wolfsburger Konzern zu übernehmen. Volkswagen drehte den Spieß damals um und übernahm den gleichnamigen Sportwagenbauer. Auch hier verlangen Anleger Schadensersatz für erlittene Kursverluste. Inzwischen wird der Börsengang der Porsche AG vorbereitet. Am Donnerstag soll die Aktie erstmals an der Frankfurter Börse notiert werden.
Ex-Porsche-Chef Wiedeking soll im Prozess gegen VW-Großaktionär aussagen
Quelle: Reuters
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