Frankfurt, 01. Nov – Die Aussicht auf eine langsamere Gangart der US-Notenbank im Kampf gegen die Inflation lässt Europas Anleger zu Aktien greifen. Der Dax stieg am Dienstag um 0,6 Prozent auf 13.339 Punkte, der EuroStoxx50 legte um 0,9 Prozent auf 3650 Zähler zu. Damit retteten die Indizes aber nur etwa die Hälfte der Kursgewinne über die Ziellinie. Für Nervosität sorgten im Handelsverlauf überraschend starke Zahlen vom US-Arbeitsmarkt. An der Wall Street büßten die drei Hauptindizes ihre anfänglichen Gewinne ein und notierten jeweils rund einen halben Prozentpunkt im Minus.
„Ein Teil der Investoren hat Angst, dass eine auf Kurs bleibende Fed auch diese Erholungsrally beendet und nimmt einige der in den vergangenen Wochen erzielten Gewinne mit“, sagte Konstantin Oldenburger, Analyst beim Online-Broker CMC Markets. „Der andere Teil hofft wieder einmal darauf, dass die Notenbank dieses Mal zumindest verbal dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus näherkommt und damit die Rally weitergehen kann.“ Für Mittwoch rechnen Börsianer fest mit der vierten XXL-Zinserhöhung der Fed um 0,75 Prozentpunkte in Folge.
STARKE US-JOBDATEN VERUNSICHERN ANLEGER
„Die Hoffnungen auf ein Einlenken der US-Notenbank sind unangebracht, wenn die heutigen Stellenangebote zur Orientierung dienen“, warnte Ronald Temple, Aktien-Experte bei Lazard Asset Management. Die Zahl der offenen Stellen ist in den USA im September unerwartet gestiegen, was trotz der aggressiven Zinserhöhungen der Fed auf eine starke Nachfrage nach Arbeitskräften hindeutet. „Relativ gute Konjunkturdaten sind momentan schlecht für die Börse“, bestätigte auch ein Händler. Denn diese reduzierten die Aussicht auf ein langsameres Tempo bei den Zinserhöhungen ab Dezember.
Die zunehmende Verunsicherung ließ auch die Nachfrage nach Anleihen abschmelzen. Im Gegenzug zog die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe leicht auf 2,135 Prozent an. Auch die Rendite der US-Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit kletterte im Handelsverlauf wieder über die Marke von vier Prozent.
SPEKULATIONEN ÜBER CORONA-LOCKERUNGEN IN CHINA
Positive Impulse setzten Spekulationen in den sozialen Netzwerken, wonach China eine Lockerung der rigiden Corona-Politik plane. „Es gibt Berichte in den sozialen Medien, dass China seine Null-Covid-Politik lockert, und sehen Sie sich an, wie viel Erleichterung das den Märkten gebracht hat, die nach guten Nachrichten aus China hungern“, sagte Analyst Giles Coghlan vom Online-Broker HYCM. Anlass war eine Notiz, die in den sozialen Netwerken kursierte, wonach das ständige Politbüromitglied Wang Huning einen „Wiederöffnungsausschuss“ gebildet haben soll. Das chinesische Außenministerium bestätigte die Informationen allerdings nicht.
Die Aussicht auf eine wieder anziehende Nachfrage in China trieb Luxusgüterriesen wie LVMH, Kering, Hermes und Pernod Ricard um 0,8 bis 3,0 Prozent an. Einen Kurssprung von mehr als neun Prozent machte unterdessen an der Börse in Amsterdam Prosus. Der Tech-Investor erteilte Spekulationen auf einen Ausstieg bei Tencent eine Absage. Prosus hält etwa 28 Prozent an dem chinesischen Internet-Konzern. Zum aktuellen Kurs ist dieses Paket etwa 70 Milliarden Dollar wert.
Der Einstieg in Südkorea durch eine Partnerschaft mit der Kaufhaus-Kette Lotte Shopping bescherte dem britischen Online-Supermarkt- und Tech-Konzern Ocado einen Kurssprung von mehr als einem Drittel. Der Deal gebe dem Markt neues Vertrauen in die Technologie von Ocado, sagten die Analysten von RBC Europe. Die Euphorie trieb auch Delivery Hero und Hellofresh an, deren Titel im MDax mit einem Plus von jeweils mehr als sieben Prozent zu den größten Gewinnern zählten.
Sorgen um die Rentabilität nach dem Ausstieg aus Russland setzten dagegen Nokian Tyres zu. Die Titel des Reifen-Herstellers brachen in Helsinki mehr als elf Prozent ein.
Europas Börsen tasten sich vor Fed-Entscheid weiter voran
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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