Frankfurt, 12. Jul (Reuters) – Anleger fliehen weiter in Scharen aus europäischen Werten. „Neben den bekannten Negativschlagzeilen wie Rezession, Inflation und Zinserhöhungen haben sich die Belastungsfaktoren Energiekrise und China-Lockdown hinzugesellt“, sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. Der Euro fiel daraufhin am Dienstag um bis zu 0,4 Prozent auf 1,00005 Dollar und schrammte haarscharf an der Parität zur Weltleitwährung vorbei.
Die Aktienindizes Dax und EuroStoxx50 konnten dagegen dank Kursgewinnen an der Wall Street ihre anfänglichen Verluste wettmachen und stiegen bis zum Abend um jeweils etwa ein halbes Prozent auf 12.905,48 beziehungsweise 3487,05 Punkte. An der Wall Street rückte der Dow Jones 0,3 Prozent vor.
Investoren zerbrachen sich den Kopf darüber, ob Russland seine Gas-Lieferungen über die wichtige Pipeline „Nord Stream 1“ nach Abschluss der aktuellen Wartungsarbeiten wieder aufnehmen wird. Sie befürchteten, dass der russische Präsident Wladimir Putin als Vergeltung für die Sanktionen des Westens Gas als Waffe einsetzt, sagte Andrea Cicione, Chef-Anlagestratege des Research-Hauses TS Lombard. „Die Leute erwarten zwar in gewisser Weise, dass sich die Lage verschlimmert, es spiegelt sich allerdings noch nicht völlig in den Kursen wider.“
NEUE LOCKDOWNS IN CHINA – ROHSTOFFPREISE FALLEN
Für die meisten Rohstoffe ging es abwärts. „Nachdem in Shanghai die Zahl der Neuinfektionen in den letzten Tagen deutlich zugenommen hat, werden dort neue Lockdown-Maßnahmen befürchtet“, sagte Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. Im Frühjahr hatten die Pandemie-Beschränkungen in der Wirtschaftsmetropole die Konjunktur weltweit in Mitleidenschaft gezogen.
Kupfer verbilligte sich daraufhin um drei Prozent auf 7360 Dollar je Tonne und die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um 6,4 Prozent auf 100,25 Dollar je Barrel (159 Liter) Letzteres brockte dem Index für die europäische Öl- und Gasbranche ein Kursminus von 1,2 Prozent ein. Aufwärts ging es dagegen für LufthansaLHAG.DE und die British Airways-Mutter IAG, deren Aktien bis zu 6,5 Prozent zulegten. Fluggesellschaften profitieren von einem fallenden Ölpreis, weil Treibstoff für sie der größte Kostenfaktor ist.
Gleichzeitig suchten einige Anleger ihr Heil in „sicheren Häfen“ wie Staatsanleihen. Dadurch fiel die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 1,132 Prozent. Dies sei ein klares Zeichen, dass die drohende Rezession Zinserhöhungen als größten Risikofaktor abgelöst hätten, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.
BASF NACH ZAHLEN IM AUFWIND – GAP AUF TALFAHRT
Gefragt waren auch die Aktien von BASF, die dank überraschend starker Quartalsergebnisse 3,1 Prozent gewannen. Die Markterwartungen seien allerdings niedrig gewesen, kommentierte Analyst Markus Mayer von der Baader Helvea Bank. Außerdem sei bei der Bekanntgabe der endgültigen Zahlen Ende Juli eine Anpassung der vorerst bekräftigen Gesamtjahresziele möglich, abhängig von der Entwicklung der Gasversorgung und der Pandemie-Lage in China.
An der Wall Street rutschten die Titel von Gap um vier Prozent auf 8,40 Dollar ab, nachdem die Modefirma vor sinkenden Umsätzen und Margen gewarnt hatte. Außerdem trat die Chefin Sonia Syngal mit sofortiger Wirkung zurück. „Die Mehrheit der Probleme bei Gap erscheinen selbstgemacht und drehen sich um die Marke ‚Old Navy'“, monierten die Analysten der Bank Wells Fargo. „Wir können keinen Wert empfehlen, der neben dem wachsenden konjunkturellen Druck mit firmenspezifischen Herausforderungen zu kämpfen hat.“ Sie stuften die Papiere auf „Equal-Weight“ von „Overweight“ herunter und kürzten das Kursziel auf zehn von 16 Dollar.
Euro segelt hart an Parität – Rezessionsangst belastet
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