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EU rechnet wegen Ukraine-Krise mit schwächerem Wirtschaftswachstum

Berlin/Paris, 25. Feb (Reuters) – Die Europäische Union stellt sich wegen der Sanktionen gegen Russland und im Raum stehender Gegenmaßnahmen auf ein schwächeres Wirtschaftswachstum ein. Genaue Schätzungen dazu lagen nach einem Treffen der EU-Finanzminister am Freitag in Paris aber noch nicht vor.

Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte, er gehe von tragbaren Belastungen aus. Das Bild kann sich aber schnell ändern. Die Finanzminister betonten nach den Beratungen, bei den Sanktionen gegen Russland lägen alle Optionen auf dem Tisch. Keine Einigkeit gab es bislang beim angedachten Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift. Hierzu soll demnächst eine Abschätzung der Folgen vorliegen. 

Lindner sprach sich für weitergehende Sanktionen aus. Russlands Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow seien persönlich für den Angriff auf die Ukraine verantwortlich. Auch ihre Vermögenswerte müssten eingefroren werden und auch sie müssten Reisebeschränkungen erfahren. „Das muss ausgedehnt werden auch auf Herrn Putin und Herrn Lawrow.“ Insidern zufolge haben sich die EU-Staaten darauf bereits geeinigt. 

EU

Laut EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis wird das Wachstum der europäischen Wirtschaft durch den Krieg in der Ukraine gebremst, aber nicht gestoppt. Dank des Corona-Wiederaufbaufonds, mit dem 750 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung stehen, wird dieses Jahr eigentlich mit einer starken Erholung von der Pandemie gerechnet – mit einem Plus von etwa vier Prozent in der Euro-Zone.

Insidern zufolge hat der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, den Finanzministern mehrere Szenarien vorgelegt.

Demnach könnte das Wachstum in der Euro-Zone um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen. Zudem sei dieses Jahr mit einer deutlich höheren Inflation zu rechnen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte, es sei zu früh für eine genaue Bewertung. Die Unsicherheit werde den Konsum und das Wachstum aber dämpfen.

KOMMT DIE „FINANZIELLE NUKLEARWAFFE“?

Die EU und andere westliche Staaten haben gerade erst weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Sie zielen unter anderem auf 70 Prozent des russischen Bankenmarkts und auf wichtige Staatsunternehmen ab. Trotzdem wird bereits über noch weitergehende Maßnahmen gerungen.

Als „finanzielle Nuklearwaffe“ bezeichnete Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire einen Swift-Ausschluss Russlands. Die EZB und die EU-Kommission sollten schnell eine Analyse vorlegen, welche Konsequenzen dies für Europa hätte. Frankreich sei nicht gegen die Maßnahme. 

Deutschland – und anderen EU-Staaten – wird teilweise vorgeworfen, bei Swift zu bremsen. „Wir sind offen, aber man muss wissen, was man tut“, sagte Lindner darauf angesprochen. Es müsse geprüft werden, ob dies zu einem Stopp russischer Gaslieferungen führen würde und ob dies verkraftbar wäre.

EU

Grundsätzlich lägen aber alle Optionen auf dem Tisch. Swift wird von mehr als 11.000 Finanzinstitutionen in über 200 Ländern genutzt und ist sehr wichtig für den globalen Geldfluss. Europäische Gläubiger würden bei einem Swift-Ausschluss Russlands nur noch schwer an ihr Geld in dem Land kommen.

Ifo-Präsident Clemens Fuest kritisierte die Sanktionen gegen Russland als zu schwach. „Sie werden die russische Regierung kaum beeindrucken“, sagte der Top-Ökonom zu Reuters.

Die Aufhebung der Hermes-Deckungen durch Deutschland nannte er einen richtigen Schritt. Mit diesen Export-Garantien werden Ausfuhren deutscher Firmen in Länder abgesichert, in denen ein erhöhtes Risiko für einen Zahlungsausfall besteht.

Die mit Sanktionen belegten russischen Banken haben eigenen Angaben zufolge genügend Liquidität, um ihre Kunden bedienen zu können. Es gebe keine Obergrenzen für Bargeld an ihren Geldautomaten oder in ihren Filialen, erklären sie. 

Sollten sich die Auswirkungen der Ukraine-Krise ökonomisch als schwerwiegender erweisen, könnte dies auch Folgen für den Stabilitätspakt der EU haben. Dieser begrenzt die Verschuldung der EU-Länder, wurde in der Pandemie aber ausgesetzt. Ab 2023 sollen die Regeln wieder angewendet werden, wie Kommissionsvize Dombroskis sagte. Wenn nötig, werde man aber Anpassungen vornehmen.

EU rechnet wegen Ukraine-Krise mit schwächerem Wirtschaftswachstum

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Titelfoto: Symbolfoto 

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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