Freitag, November 22, 2024
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EU-Gipfel sucht nach gemeinsamen Antworten auf hohe Energiepreise

Update Brüssel/Berlin, 20. Okt – In Brüssel brüten die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union über gemeinsame Antworten auf die sprunghaft gestiegenen Energiepreise. Gerechnet wird mit langen Verhandlungen mindestens bis Freitag und Zwist vor allem bei zwei Punkten – einem Gaspreisdeckel und neuen Finanztöpfen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Donnerstag, die Energiepreise müssten runter. In seiner Regierungserklärung im Bundestag hatte er zuvor erklärt, es bestehe kein Bedarf für neue Hilfsfonds in der EU. Den 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm der Bundesregierung verteidigte er gegen Kritik. 

Die EU macht den russischen Angriff auf die Ukraine für die hohen Energiepreise verantwortlich, die Regierung in Moskau ihrerseits die Sanktionen gegen Russland. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, Russland habe seine Gaslieferungen in die EU um zwei Drittel gekürzt. Darauf sei mit Einsparungen von 15 Prozent und dem Einkauf bei neuen Anbietern reagiert worden, zudem mehr erneuerbaren Energien. Nun werde es um die Änderung der Marktmechanismen gehen, um die Gaspreise besser zu kontrollieren. Im Raum stehen dabei eine Entkoppelung der Strom- und Gaspreise sowie ein alternativer Richtpreis für Flüssiggas. 

Den meisten EU-Staaten droht wegen der hohen Energiepreise eine Rezession. Denn die Inflation zehrt an der Kaufkraft der Konsumenten, zudem stehen viele Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Von der Leyen sagte, es werde deswegen auch um Hilfen für die Wirtschaft gehen. 

Die EU-Kommission hatte diese Woche weitere Maßnahmen vorgeschlagen. Dazu gehört unter anderem ein gemeinsamer Einkauf von Gas, um bessere Preise aushandeln zu können. Einigungen gab es zuvor bereits zur Befüllung von Gasspeichern sowie zur Abschöpfung sogenannter Übergewinne auf dem Strommarkt. Scholz sprach von guten Ansätzen. Belgiens Regierungschef Alexander De Croo sagte, eine große Mehrheit unterstütze die Pläne der Brüsseler Behörde. Allerdings sind die Interessen der EU-Länder im Energiebereich sehr unterschiedlich. Es ist deswegen bereits der zweite Gipfel in nur zwei Wochen. „Ich denke, es könnte eine lange Nacht werden“, so der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. 

GASPREISDECKEL NEIN – NEUE ENERGIETRASSE NACH FRANKREICH JA

Den angedachten Gaspreisdeckel unterstützen 15 Länder, darunter Frankreich und Polen. Deutschland und die Niederlande sind dagegen. Sie fürchten, dass dann womöglich zu wenig Gas nach Europa verkauft werden könnte. „Eine Einigung ist extrem unwahrscheinlich“, sagte ein EU-Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. 

Spanien gab am Donnerstag dafür eine Einigung mit Portugal und Frankreich über eine Pipeline bekannt, die Erdgas und Wasserstoff von Barcelona nach Marseille transportieren soll. Dieser „grüne Korridor“ solle die Pläne für eine Erdgas-Pipeline namens Midcat ersetzen, erklärte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez. Einer Grafik des spanischen Energieministeriums zufolge wird die neue Leitung unter Wasser verlaufen, während Midcat durch die Pyrenäen führen sollte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, im Dezember nach Spanien reisen zu wollen, um die Energietrasse mit Spanien und Portugal abzuschließen. 

SCHOLZ – EU HAT GENÜGEND MITTEL ZUR VERFÜGUNG 

Scholz lehnte im Bundestag Verhandlungen über neue EU-Finanztöpfe erneut ab. Die Europäische Union verfüge über genügend finanzielle Durchschlagskraft, um sich dieser Krise entgegenzustellen. Aus dem in der Corona-Krise geschaffenen Hilfsfonds sei bislang erst ein Fünftel ausbezahlt worden. Hier stünden noch über 600 Milliarden Euro zur Verfügung. Damit könne unter anderem der Ausbau erneuerbarer Energien finanziert werden. 

Der Kanzler verteidigte auch den neuen Abwehrschirm, den der Bundestag am Freitag verabschieden soll. Er sei auf zweieinhalb Jahre angelegt, um auch im Winter 2023/24 gewappnet zu sein. „Auf diesen Zeitraum gerechnet entsprechen die 200 Milliarden Euro um die zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts.“ Das liege in den Größenordnungen der Pakete, die in diesem Jahr auch anderswo in Europa geschnürt werden – in Frankreich, Italien oder Spanien. Die Gelder können bis Mitte 2024 eingesetzt werden, um die geplante Gaspreisbremse, die angedachte Strompreisbremse sowie Hilfen für angeschlagene Unternehmen zu finanzieren.

EU-Gipfel sucht nach gemeinsamen Antworten auf hohe Energiepreise

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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