Washington, 29. Jul (Reuters) – Nach langem Ringen in der eigenen Demokratischen Partei steht US-Präsident Joe Biden bei seiner Reformagenda vor einem Erfolg. Die Demokraten im Senat verständigten sich am Mittwoch auf ein abgespecktes Klima-, Sozial- und Steuerpaket. Dies teilten sein größter Widersacher in den eigenen Reihen, Senator Joe Manchin, und der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, mit. Der Entwurf beinhalte 430 Milliarden Dollar unter anderem für die Energieversorgung, E-Autos und die Krankenversicherung. Im Gegenzug werde die Mindeststeuer für große Unternehmen auf 15 Prozent angehoben – eine Höhe, auf die man sich 2021 international verständigt hatte. Zudem sollen Steuerschlupflöcher für besonders Reiche geschlossen werden.
Für Biden wäre die Verabschiedung des Pakets ein wichtiger Erfolg vor den Zwischenwahlen am 8. November, bei denen sich entscheidet, ob seine Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat die Kontrolle behalten. Im Senat ist ihre Mehrheit denkbar knapp – Demokraten und Republikaner stellen je 50 Senatoren, aber Vizepräsidentin Kamala Harris kann den Ausschlag für die Demokraten geben, wenn diese geschlossen für ein Gesetz stimmen. Der zum konservativen Flügel der Demokraten zählende Manchin hatte das Paket lange blockiert und erklärt, er befürchte ein weiteres Anheizen der Inflation. Die demokratische Senatorin Kyrsten Sinema, die sich bisweilen ebenfalls gegen Biden gestellt hatte, lehnte eine Stellungnahme ab.
REPUBLIKANER BEKLAGEN „SOZIALISTISCHE PREISKONTROLLEN“
Das Gesetzespaket soll den Senat nach Vorstellungen der Demokraten in der kommenden Woche passieren. Bereits in den nächsten Tagen solle eine Entscheidung fallen, ob das Paket für ein Gesetzgebungsverfahren mit einfacher Mehrheit zugelassen werde, erklärte Mehrheitsführer Schumer. Die Demokraten stehen unter Zeitdruck, denn der Kongress soll Ende der Woche in die Sommerpause gehen. Die Republikaner kündigten erbitterten Widerstand an. Minderheitsführer Mitch McConnell sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Jetzt wollen sie ‚Job-Killer‘-Steuern verabschieden und sozialistische Preiskontrollen einführen, was dazu führen wird, dass weniger Menschen Zugang zu Heilverfahren erhalten.“
Mit den neuen Maßnahmen könnte Biden Wahlversprechen einlösen. In einer Rede am Nachmittag sprach er davon, dass sie die Steuergesetze „wieder fair machen“ würden. Durch die geplante Mindeststeuer von 15 Prozent für Firmen mit einem Gewinn über eine Milliarde Dollar sollten die größten US-Konzerne gezwungen werden, ihren „gerechten Anteil“ beizutragen, sagte er. Unter Präsident Donald Trump waren die Unternehmenssteuern von 35 auf 21 Prozent gefallen. Studien zufolge zahlen jedoch einige der größten Konzerne keinerlei Bundessteuern. Als weitere Maßnahme sieht der Entwurf vor, ein seit längerem von den Demokraten kritisiertes Steuerschlupfloch zu schließen, dem „carried interest loophole“. Dies ermöglicht es etwa Hedge-Fonds-Finanziers, auf einen Großteil ihrer Einkünfte den niedrigeren Steuersatz für Kapitalerträge anzuwenden statt den höheren für Einkommen wie Arbeitnehmer.
Manchin und Schumer zufolge sollen die unterschiedlichen Maßnahmen das Defizit im US-Haushalt um etwa 300 Milliarden Dollar verringern. Der Kohlendioxid-Ausstoß könne bis 2030 um etwa 40 Prozent gesenkt werden. Der staatlichen Medicare-Krankenversicherung für Ältere und Behinderte werde ermöglicht, die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente auszuhandeln. Die Arzneimittelkosten für Senioren und Ältere würden auf 2000 Dollar jährlich begrenzt. Impfstoffe sollten für Senioren kostenlos erhältlich sein.
Neben älteren und einkommensschwächeren US-Bürgern dürften auch Hersteller von E-Autos und Unternehmen für grüne Energie profitieren. Geringverdiener sollen eine Steuergutschrift von 4000 Dollar beim Kauf eines gebrauchten Elektro-Autos erhalten. Vorgesehen sind auch Steuergutschriften und Zuschüsse für Autobauer, die ihre Fabriken auf die Fertigung umweltfreundlicherer Fahrzeuge umrüsten.
Erfolg für Biden – US-Demokraten vereinbaren Klima-Sozial-Paket
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