Update Berlin, 31. Okt – Trotz der hohen Inflation haben die deutschen Einzelhändler ihren Umsatz im September überraschend leicht gesteigert. Ihre Erlöse kletterten um 1,8 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Inflationsbereinigt (real) gab es ein Plus von 0,9 Prozent. Die hohe Inflation dämpft derzeit die Kauflaune der Konsumentinnen und Konsumenten. „Die Verbraucherstimmung in Deutschland ist weiter im Keller“, beklagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vom Handelsverband HDE. Die Energiekrise hinterlasse Spuren. „Viele Konsumenten leiden unter dem gestiegenen Preisniveau und haben Existenzängste“, sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. „Dass Firmen Jobabbaupläne hegen, belastet mittelfristige Konsumperspektiven.“
Der jüngste Preisschub zeigt sich im Vorjahresvergleich. Die Einzelhändler hatten zwar 9,9 Prozent mehr in der Kasse als im September 2021. Rechnet man die Preissteigerungen heraus, gab es jedoch zum Vorjahresmonat ein reales Minus von 0,9 Prozent. „In den höheren nominalen Umsätzen spiegeln sich die höheren Beschaffungs- und Logistikkosten sowie die extrem gestiegenen Energiekosten im Einzelhandel wider“, betonte Genth. „Daher kommt es jetzt darauf an, den hohen Energiepreisen schnell entgegenzuwirken und für eine Entlastung von Unternehmen und Verbrauchern zu sorgen.“
FAST JEDER NEUNTE EINZELHÄNDLER BANGT UM EXISTENZ
Etwa 11,6 Prozent der Einzelhändler fühlen sich einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge in ihrer Existenz bedroht, während gesamtwirtschaftlich nur 7,5 Prozent um ihren Fortbestand bangen. „Die aktuelle Inflationsdynamik macht den Einzelhändlern große Sorgen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Dennoch waren die September-Daten unerwartet gut, Experten hatten mit deutlich schlechteren Zahlen gerechnet. „Die Einzelhandelsumsätze sind eine Riesenüberraschung“, erklärte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Die hohen Inflationsraten dürften womöglich derzeit sogar beim Konsum helfen. „Das Motto könnte lauten: Lieber jetzt kaufen, bevor es teurer wird.“ Für die EZB wäre dies allerdings ein fatales Signal, „denn die Konsumenten würden nicht darauf setzen, dass die Inflationsraten bald kleiner ausfallen“, warnte Gitzel.
Die Maßnahmen der Ampel-Koalition im Kampf gegen die hohen Energiepreise schlugen sich erneut in den Konjunktur-Daten nieder. Mit Auslaufen des Tankrabatts sanken die realen Erlöse der Tankstellen von August auf September um 15,7 Prozent. „Dies ist der größte Umsatzrückgang im Vormonatsvergleich seit Beginn der Zeitreihe 1994“, erklärten die Statistiker. Im August hätten die Konsumenten den Tankrabatt offenbar genutzt, um ihre Vorräte aufzufüllen. So sei der Umsatz inflationsbereinigt um 6,4 Prozent zum Vormonat gestiegen.
Vor Beginn des Weihnachtsgeschäfts hat sich die Konsumlaune der Deutschen wieder etwas gefangen. Die Nürnberger GfK-Marktforscher sagen auf Basis ihrer Umfrage unter rund 2000 Verbrauchern für November einen leichten Anstieg des insgesamt trüben Konsumklimas voraus. Die aufgehellte Laune dürfte insbesondere Einzelhändler freuen, die Ende November am Black Friday und Cyber Monday auf möglichst umsatzträchtige Verkaufstage im Weihnachtshandel hoffen.
Nach neun Monaten steht ein nominales Umsatzplus von 9,1 Prozent zu Buche. Klammert man die Preissteigerungen heraus, bleibt ein mageres Plus von 1,4 Prozent. Die Inflation bei Nahrungsmitteln zeigt sich auch beim Lebensmittel-Fachhandel. Dessen Erlöse lagen bis Ende September 4,7 Prozent im Plus, real aber 2,5 Prozent im Minus.
Einzelhandel mit Umsatzplus – Rabatt-Ende sorgt für Einbruch an Tankstellen
Quelle: Reuters
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