New York, 11. Okt – Maue Konjunkturaussichten, drohende Kreditausfälle, wenige Transaktionen – die Bankenbranche kämpft trotz steigender Zinsen mit widrigen Umständen. In der aufziehenden Bilanzsaison rechnen die Marktbeobachter deshalb bei den US-Geldhäusern mit kräftigen, prozentual zweistelligen Gewinnrückgängen.
Am Freitag präsentieren mit JPMorgan Chase, Wells Fargo, Citigroup und Morgan Stanley vier der größten US-Banken ihre Geschäftszahlen für das dritte Quartal. Für den Marktführer JPMorgan gehen die Analysten von einem Gewinneinbruch um 24 Prozent aus, bei der Citigroup erwarten sie sogar ein Minus von 32 Prozent, wie die Daten von Refinitiv zeigen. Bei Morgan Stanley prognostizieren die Experten einen Rückgang von 28 Prozent, bei Wells Fargo von 17 Prozent.
Da hilft auch der positive Effekt höherer Zinsen wenig. Die US-Notenbank Fed hat seit März die Leitzinsen von null auf 3 bis 3,25 Prozent angehoben und damit die Erlöse der Finanzinstitute im Kreditgeschäft angekurbelt. Doch höhere Zinsen haben auch negative Effekte auf das Bankgeschäft: Zum Beispiel kühlt die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen und Autokrediten ab.
Außerdem wirken sie wie eine Bremse für die Wirtschaft: „Die Sorge ist, dass die Zinsen zu stark steigen und die Wirtschaft schwächen oder sie in eine Rezession treiben“, schreibt Deutsche-Bank-Analyst Matt O’Connor. Firmen und Verbraucher haben mehr Mühe, Kredite zurückzuzahlen, dafür müssen die Banken finanzielle Vorsorge treffen. „Wir erwarten eine moderate, aber steigende negative Wirkung auf die Qualität der Vermögenswerte und auf das Kreditwachstum wegen der hohen Zinsen, der Inflation und der milden Rezession in den USA“, sagt Fitch-Analyst Christopher Wolfe.
STARKER EINBRUCH IM INVESTMENTBANKING
Auch das Investmentbanking leidet unter der Unsicherheit und der Marktvolatilität – Unternehmen halten sich in einem solchen Umfeld mit Übernahmen und Kapitalmarkttransaktionen zurück. Das Geschäft mit Börsengängen liegt fast vollständig brach. JPMorgan-Präsident Daniel Pinto hatte bereits im vergangenen Monat gewarnt, dass Provisionen im Investmentbanking-Bereich im dritten Quartal um 45 bis 50 Prozent zurückgehen. Auch Finanzinvestoren scheuen derzeit große Deals.
Das Volumen von Transaktionen mit Beteiligung von Private-Equity-Firmen stürzte im dritten Quartal um 54 Prozent auf rund 716 Milliarden US-Dollar ab, wie Daten von Dealogic zeigen. Bei der stark im Investmentbanking engagierten US-Bank Goldman Sachs, die ihre Bilanz am Dienstag nächster Woche vorlegt, erwarten Analysten deshalb, dass der Gewinn im dritten Quartal um fast die Hälfte geschrumpft ist. Bei der Bank of America, bei der das Privatkundengeschäft eine größere Rolle spielt, wird ein Gewinnrückgang von 14 Prozent prognostiziert.
US-BANKEN PROFITABLER ALS EUROPÄISCHE RIVALEN
Bei der Gewinnentwicklung schneiden die US-Häuser derzeit schlechter ab als ihre europäischen Rivalen. Im ersten Halbjahr brach einer Studie der Wirtschaftsberater von EY zufolge der Nettogewinn der US-Banken um 20 Prozent auf 76,7 Milliarden Euro ein. Bei den zehn größten europäischen Instituten lag der Gewinnrückgang nur bei vier Prozent. Dennoch verdienten die führenden US-Geldhäuser im ersten Halbjahr mehr als doppelt so viel wie wie die größten europäischen Institute. „Der Trend der vergangenen Jahre bleibt intakt,“ erklärt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY.
Trotz sinkender Gewinne bleiben US-Kreditinstitute auch deutlich profitabler als ihre europäischen Wettbewerber. Die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals lag im ersten Halbjahr bei US-Geldhäusern im Schnitt bei 11,9 Prozent. Europäische Banken erzielten bei diesem Profitabilitäts-Indikator 8,2 Prozent. „Die großen US-Banken lassen ihre europäischen Wettbewerber beim Gewinn und der Profitabilität weit hinter sich“, fasst Griess zusammen. „Auch wenn der Abstand im ersten Halbjahr kleiner geworden ist.“
Drohende Rezession belastet US-Banken – Einbruch der Gewinne erwartet
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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