Berlin, 14. Dez – Lithium, Magnesium, Kobalt: Deutschland ist einer Studie zufolge bei vielen für die Energie- und Verkehrswende unverzichtbaren Rohstoffen in hohem Maße von Importen abhängig – noch dazu häufig aus wenig demokratischen Ländern wie China oder Kongo. Bei 14 der als besonders kritisch eingestuften 30 Rohstoffe liege die Abhängigkeit von Einfuhren bei 100 Prozent, geht aus der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag. Bei weiteren drei Rohstoffen liegt der Anteil bei mehr als 95 Prozent. Als kritisch gelten Rohstoffe, die unerlässlich sind und zugleich einem erhöhten Lieferrisiko unterliegen.
„Russland hat uns in diesem Jahr drastisch vor Augen geführt, wie die Rohstoffabhängigkeit von autokratischen Regimen als politisches Druckmittel benutzt werden kann und welche schwerwiegenden wirtschaftlichen Konsequenzen diese Abhängigkeit hat“, sagte der Leiter der Abteilung Weltwirtschaft im DIW, Lukas Menkhoff, angesichts stark reduzierter Energielieferungen nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine. Bei den sogenannten Seltenen Erden – die etwa für den Bau von Elektroautos und Windturbinen unerlässlich sind – seien Deutschland und die Europäische Union insgesamt zu mehr als 90 Prozent auf Lieferungen aus China angewiesen. Ebenso sehe es bei Magnesium aus.
Um solche Abhängigkeiten zu verringern, helfen dem DIW zufolge keine Einzelaktionen. „Es ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen erforderlich, die am besten alle gleichzeitig vorangetrieben werden sollten“, sagte DIW-Studienautor Marius Zeevaert. So sollte auf mehr Lieferländer gesetzt werden: Seltene Erden könnten zusätzlich über Brasilien, Indien und Australien bezogen werden, Lithium über Australien, China und Argentinien. Vorgeschlagen wird auch, die Lagerhaltung um verpflichtende Mindestreserven zu ergänzen. Auch sollte die Beschaffung relevanter Rohstoffe europaweit gebündelt werden, um der Marktmacht der wenigen Anbieter etwas entgegenzusetzen.
MEHR RECYCLING WAGEN
Längerfristig könne die Sicherheit der Versorgung erhöht werden, indem Rohstoffimporte teilweise ersetzt werden. Hierzu gehöre auch ein verbessertes Recycling. Weiterhin können eigene Produktionsmöglichkeiten stärker genutzt werden. Gerade Magnesium und Lithium ließen sich auch in der EU abbauen. Auch lasse sich technische Innovationen fördern, die den Einsatz kritischer Rohstoffe reduzieren oder sogar komplett ersetzen. „Durch alle genannten Maßnahmen würden zwar auch die Kosten der Rohstoffe steigen, aber Deutschland würde stark profitieren – vor allem dann, wenn die Länder der Europäischen Union kooperieren würden“, sagte DIW-Experte Menkhoff.
Batterierohstoffe aus Recycling dürften in den 2030er Jahren nicht mehr als zehn Prozent des gesamten Rohstoffbedarfs in Europa decken können, gab der Verband der Automobilindustrie (VDA) zu bedenken. „Wir brauchen Rohstoffpartnerschaften und Handelsabkommen, eine politische Flankierung der Investitionen in strategische Rohstoffprojekte, zum Beispiel durch Risikokapital in junge Rohstoffprojekte“, sagte VDA-Geschäftsführer Andreas Rade. Die EU tendiere dazu, bei der Diskussion über eine Strategie die Liste der kritischen Rohstoffe immer länger zu machen. „Unsere Botschaft ist hier ganz klar, dass wir uns auf das Erreichen der Klimaschutzziele konzentrieren sollten und auf die Sektoren, die dazu beitragen, die Ziele zu erreichen – das sind Batterien, Brennstoffzelle, Windraftanlagen und Elektromotoren“, sagte Rade. Der Fokus müsse deshalb vor allem auf Beschaffung und Verarbeitung seltener Erden, Lithium, Kobalt, Nickel und Grafit gerichtet werden.
DIW – Wirtschaft bei 14 kritischen Rohstoffen komplett auf Importe angewiesen
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Finnrich auf Pixabay
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