29. Jun (Reuters) – Die EU-Umweltminister haben in der Nacht zum Mittwoch Kernpunkte des Klimaschutzplans „Fit for 55“ beschlossen. Damit ist die wichtigste Hürde für eine Umsetzung der Vorhaben genommen. Bei den folgenden Beratungen bis Jahresende mit Kommission und EU-Parlament wird kaum noch mit gravierenden Änderungen gerechnet. Die zentralen Punkte im Überblick:
AUTOS
Benziner und Diesel werden ab 2035 in der EU nicht mehr neu zugelassen. Danach müssen alle Autos klimaneutral fahren. Schon bis 2030 wird der maximal erlaubte CO2-Ausstoß der Neuwagenflotten um weitere 55 Prozent reduziert. Damit soll E-Autos ein weiterer Schub verliehen werden. Eine Chance für den Verbrenner gibt es noch, denn die Kommission wurde aufgefordert, Vorschläge für einen Betrieb der Autos nach 2035 mit sogenannten E-Fuels zu machen.
E-Fuels können mit Strom, Wasser und Kohlendioxid (CO2) erzeugt werden. Kommt der Strom von Solar- oder Windkraftwerken und wird das CO2 etwa aus Industrieabgasen verwendet, sind E-Fuels klimaneutral. Ihre Produktion ist aber derzeit noch teuer. Zudem werden E-Fuels vor allem für Luft-, Seefahrt oder Schwerlastverkehr gebraucht.
ERNEUERBARE ENERGIEN
Die Vorgabe zum Einsatz Erneuerbarer Energien bis 2030 wird von 32 Prozent auf 40 Prozent angehoben. Derzeit sind es in Deutschland etwa 20 Prozent. Hinzu kommen das erstmals verbindliche Ziel für grünen Wasserstoff in der Industrie von 35 Prozent bis 2030 und im Gebäudebereich ein Ziel für Erneuerbare Energien von 49 Prozent am Energieverbrauch.
HANDEL MIT CO2-VERSCHMUTZUNGSRECHTEN
Der bereits bestehende Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten wird verschärft. Die Zahl der maximal ausgegebenen Rechte wird im Vergleich zu 2005 um 61 Prozent reduziert, bisher waren 46 Prozent geplant. Die kostenlose Zuteilung für Fluglinien sowie für die energieintensive Industrie soll stufenweise auslaufen. Ab 2034 wird auch der Seeverkehr in den Handel einbezogen.
Dieser wird gilt als wichtigste Klimaschutzinstrument der EU und wird dann die Hälfte aller EU-Emissionen erfassen. Die Rechte werden von den Staaten im Wesentlichen versteigert und die Gesamtzahl über die Jahre verknappt. Wer Rechte wegen klimafreundlicher Produktion zuviel hat, kann diese über die Börse an andere verkaufen, die mehr brauchen.
AUSDEHNUNG DES HANDELS AUF VERKEHR UND GEBÄUDE
Das System soll ab 2027 auch auf die Bereiche Verkehr und Gebäude ausgedehnt werden. Das heißt, die Großhändler von Sprit, Heizöl oder Gas müssen dann auch Rechte erwerben, die Kosten werden an die Verbraucher weitergegeben. Ein Vorläufersystem mit festen CO2-Preisen existiert seit 2021 bereits in Deutschland.
Damit verbunden wird, dass alle Sektoren außerhalb des jetzt bereits bestehenden Emissionshandels (Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude, Abfall, Forstwirtschaft) ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 2005 senken müssen. Dies muss noch auf die einzelnen Mitgliedsstaaten heruntergebrochen werden.
KLIMASOZIALFONDS
Die Ausdehnung des Handels auf Verkehr und Gebäude war in der EU besonders umstritten, da sie praktisch alle Haushalte direkt trifft. Daher wird ein Klimasozialfonds ins Leben gerufen. Er hat eine Gesamthöhe von 59 Milliarden Euro über eine Laufzeit von 2027 bis 2032. Finanziert werden soll er im Wesentlichen aus den staatlichen Einnahmen aus dem Verkauf der CO2-Rechte. Mit dem Geld sollen Investitionen in besser gedämmte Gebäude oder in den Umbau des Verkehrs auf klimaneutrale Antriebe unterstützt werden. Auch direkte Hilfen für ärmere Haushalte sind möglich.
KLIMAZOLL
Die Industrie wird durch das Auslaufen der Gratis-Zuteilungen an Verschmutzungsrechten mehr belastet. Um sie vor Dumping-Konkurrenz aus anderen Weltregionen mit laxeren Umwelt- und Klimastandards zu schützen, soll für solche Produkte eine Einfuhr-Steuer (Carbon Border Adjustment Tax – CBAM) an den EU-Außengrenzen eingeführt werden. Dies soll ab nächstem Jahr mit einer Übergangsfrist von drei Jahren greifen. Dies birgt allerdings die Gefahr eines Wirtschaftskonflikts. Deutschland setzt sich daher für einen freiwilligen Klimaclub von Ländern mit vergleichbaren Standards ein.
Die zentralen Beschlüsse der EU-Staaten zum Klimapaket
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