20. Jan – Deutschland hat knapp ein Jahr nach der russischen Invasion in der Ukraine seinen Gasbezug neu aufgestellt. Nicht erst seit Russland seine Gas-Lieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 im Sommer eingestellt hat, forciert die Bundesregierung die Suche nach Alternativen, da auch über andere Wege aus Russland so gut wie kein Gas mehr eintrifft.Knappheiten und Rationierungen blieben bisher aus. Zwar ist es für eine Entwarnung noch zu früh, aber die Lage sieht inzwischen deutlich besser aus. Es folgt eine Übersicht zu den wichtigsten Fragen:
WIE IST DIE VERSORGUNGSLAGE?
Insgesamt sind die Importe 2022 um zwölf Prozent zurückgegangen. Deutschland bekommt mehr Gas aus Norwegen. Die Lieferungen machen mittlerweile ein Drittel der Importe aus. Belgien und die Niederlande liefern ebenfalls mehr. Auch Frankreich ist dabei. Für eine Entspannung der Lage haben auch Haushalte, Industrie und Gewerbe gesorgt, die ihren Verbrauch gesenkt haben. Die Gasspeicher sind gut gefüllt. Mit einem Füllstand von 89 Prozent könnten sie selbst bei einer längeren Kältephase theoretisch die Versorgung bis Ende März sichern.
WELCHE ROLLE SPIELT FLÜSSIGGAS (LNG)?
Deutschland baut den Bezug von verflüssigtem Gas (LNG) deutlich aus. An der Nordsee und an der Ostsee sind in wenigen Monaten LNG-Terminals aufgebaut worden, wo LNG-Transportschiffe ihre Fracht abladen können. Wilhelmshaven machte vor Weihnachten 2022 den Anfang mit einer schwimmenden Anlage, Lubmin an der Ostsee kam hinzu, Brunsbüttel folgte am Freitag. Weitere drei LNG-Schiffe, die übergangsweise als Empfangsterminal fungieren, sind bis Jahresende anvisiert.
Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck könnten über die ersten drei ersten LNG-Terminals jährlich 14 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas importiert werden. Mit den weiteren drei Anlagen würde sich die Menge verdoppeln. Die Lücke, die unter anderemdurch den Ausfall von Nord Stream 1 entsteht, ist damit allerdings noch nicht geschlossen. Durch die Doppelröhre konnten jährlich rund 55 Milliarden Kubikmeter Gas transportiert werden.
WAS KOSTET DAS?
Die Staatsbank KfW hat bis Ende 2022 rund 17 Milliarden Euro für den Einkauf von Gas bereitgestellt, mit dem die unterirdischen Speicher gefüllt wurden. Weitere vier Milliarden Euro hat die Bank für Gas zur Verfügung gestellt, das über LNG-Terminals importiert wird. Hinzu kamen Ausgaben in Höhe von neun Milliarden Euro, um kurzfristig ausgefallene russische Lieferungen zu ersetzen.
KÖNNTE DIE NACHFRAGE CHINAS DIE VERSORGUNG GEFÄHRDEN?
Während der Winter 2022/23 gesichert scheint, ist dies für den kommenden 2023/24 offen. Die Sparanstrengungen müssten weiter vorangetrieben werden, fordert der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Experten sehen zudem die Gefahr, dass durch eine steigende Nachfrage Chinas die europäischen Abnehmer unter Druck geraten könnten. Die LNG-Tanker fahren dorthin, wo die Preise am höchsten sind. Auch ein von der Europäischen Union veranlasster Preisdeckel in Europa könnten dafür sorgen, dass mehr Tanker Asien ansteuern.
WELCHE ROLLE SPIELT DAS WETTER?
Die bislang relativ milden Temperaturen in diesem Winter haben zu dem geringeren Verbrauch beigetragen, da sie die Nachfrage senken. Ändert sich dies, könnten die Speicherstände deutlich schneller sinken. Bundesnetzagentur-Chef Müller zufolge gilt als Faustregel, dass bei Minusgraden die Gasspeicherstände jeden Tag um ein Prozent sinken.
Die Lage der Gasversorgung in Deutschland
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Lisen Kaci auf Pixabay
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