Berlin, 14. Okt – Die deutsche Wirtschaft spricht sich vor dem am kommenden Sonntag beginnenden 20. Parteitag der Kommunistischen Partei für eine anhaltende Kooperation mit ihrem wichtigsten Handelspartner China aus. „Auch wenn vieles in den Wirtschaftsbeziehungen schwierig ist, ergibt es aus Sicht der meisten Unternehmen jedoch keinen Sinn, diesen Markt aufzugeben“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. „Wichtig ist, dass wir mit China auf klare Handels- und Investitionsregeln pochen, am besten über die Welthandelsorganisation WTO.“
Auch wenn auf dem Parteitag außen- und wirtschaftspolitische Herausforderungen nicht direkt auf der Agenda stünden, so blicke die deutsche Wirtschaft gespannt auf die Signale, die mit der Wahl der Parteiführung gesetzt werden. „Die letztendliche Zusammensetzung der Führungsriege wird auch Aufschluss über die wirtschaftspolitischen Prioritäten Chinas in den kommenden Jahren geben“, sagte Treier. Erwartet wird, dass sich Staats- und Parteichef Xi Jinping eine dritte Amtszeit sichert, zudem wird ein Nachfolger für Ministerpräsident Li Keqiang gesucht.
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) geht davon aus, dass bilaterale Beziehungen mit Ausnahme von denen zu den USA und Russland keine Rolle auf dem Parteitag spielen werden. „Die EU und damit auch Deutschland werden dringend ermahnt werden, die Ein-China-Politik ernst zu nehmen und damit alles quasi-Offiziöse zu Taiwan einzustellen, die von China behaupteten Einmischungen in interne Angelegenheiten zu unterlassen und stattdessen Chinas ‚konstruktive‘ Moderatorenrolle in internationalen Konflikten mit zu unterstützen“, erwartet IfW-Handels- und Chinaexperte Rolf Langhammer. Ausländische Unternehmen dürften zudem dazu „ermuntert“ werden, ihre Wertschöpfungsnetzwerke nach China hinein zu verlagern anstatt Güter nach China zu exportieren.
China ist der mit Abstand wichtigste deutsche Handelspartner: 2021 wurden zwischen beiden Ländern Waren im Wert von rund 245 Milliarden Euro ausgetauscht, was fast zehn Prozent des gesamten deutschen Außenhandels entspricht. In der Volksrepublik sind zudem rund 5000 deutsche Unternehmen aktiv. „Deutschlands wichtigster Handelspartner und bisheriges Zugpferd unserer Außenwirtschaft lahmt“, sagte Treier. „Die Wirtschaft Chinas ist in bedenkenswerter Weise ins Stocken geraten.“ Die Sorgenfalten der exportstarken deutschen Industrie würden angesichts der konjunkturellen Temporeduktion in China umso tiefer werden. Das gelte insbesondere für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile sowie Maschinen.
In Deutschland wird zunehmend über die Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von China kritisch diskutiert – zumal nach den Erfahrungen mit Russland, von dessen Energielieferungen das Wohl und Wehe der deutschen Wirtschaft abhängt und dass sich nach der Invasion in der Ukraine als unzuverlässiger Partner erwiesen hat. Die Bundesregierung wird in der Handelspolitik künftig einen schärferen Kurs gegen China fahren, kündigte Vize-Kanzler Robert Habeck kürzlich in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters an. China sei ein willkommener Handelspartner.
„Aber wenn es Staatsprotektionismus gibt, dann muss er mit Gegenmaßnahmen bekämpft werden. Wir können uns nicht erpressen lassen.“ Es dürfe keine Wettbewerbsverzerrungen für chinesische Firmen mehr geben oder Erpressungen westlicher Konzerne. Das werde sich in der China-Strategie widerspiegeln, die die Bundesregierung gerade ausarbeite und zu der das Wirtschaftsministerium seinen Beitrag bereits weitgehend geleistet habe.
Deutsche Wirtschaft vor Chinas Volkskongress – „Markt nicht aufgeben“
Quelle: Reuters
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