Frankfurt, 27. Jul (Reuters) – Die drohende Rezession und eigene Dauerbaustellen lassen die Deutsche Bank trotz eines Gewinnanstiegs im zweiten Quartal nicht aufatmen. Zwar bestätigte die Bank die meisten Jahresziele, einige zentrale Prognosen wurden jedoch gestutzt. „Vor uns liegen nun weitere herausfordernde Monate“, schrieb Bankchef Christian Sewing am Mittwoch zur Veröffentlichung der Quartalszahlen an die Mitarbeiter. „Vieles spricht dafür, dass es wirtschaftlich noch schwieriger werden wird.“ Wegen der drohenden Gasknappheit in Deutschland sei es schwerer geworden, die für 2022 angepeilte Nachsteuerrendite von acht Prozent zu erreichen, erklärte die Bank. Und auch bei den geplanten Kostensenkungen geht es nicht so schnell voran wie gewünscht. Die Aktien des Geldhauses notierten knapp drei Prozent im Minus.
Trotz höherer Rückstellungen für faule Kredite kletterte der Nettogewinn im zweiten Quartal um mehr als die Hälfte auf 1,05 Milliarden Euro. Das übertraf die Erwartungen der Analysten, die im Schnitt nur mit 788 Millionen Euro gerechnet hatten. „Besonders erfreulich entwickeln sich die Privatkunden- und die Unternehmensbank“, erläuterte Sewing. Es war der achte Quartalsgewinn in Folge und das stärkste Halbjahr seit 2011 für die Deutsche Bank, die mitten in einem umfassenden Konzernumbau steckt. An ihrem Ziel für die Nachsteuerrendite hielt die Bank formal fest. Im zweiten Quartal lag sie mit 7,9 Prozent schon fast auf dem angepeilten Niveau – nach 5,5 Prozent im Vorjahr.
Investoren und Analysten schauten auch auf die Entwicklung der Kosten – eine ständige Herausforderung bei der Deutschen Bank. Die um Sonderausgaben bereinigten Kosten kletterten um zwei Prozent auf 4,7 Milliarden Euro, was Sewing auf die Inflation und Wechselkursschwankungen zurückführte. Bei den Analysten kam es allerdings nicht gut an, dass die Bank ihr Ziel für die Aufwand-Ertrag-Relation herunterschraubte. Bisher hatte die Bank für 2022 eine Quote von 70 Prozent in Aussicht gestellt, diese hielt Sewing aber „im derzeitigen Makro-Umfeld für nicht erreichbar.“ Sie werde eher in einem niedrigen bis mittleren 70er-Prozentbereich liegen. Die Analysten von JPMorgan nannten diese Zieländerung „enttäuschend“. Immerhin verbesserte sich die Aufwand-Ertrag-Relation im zweiten Quartal auf 73 Prozent von 80 Prozent im Vorjahr.
RISIKEN FÜR KREDITAUSFÄLLE STEIGEN
Gestiegen sind die Risiken für Kreditausfälle: Die Bank erhöhte ihre Rückstellungen auf 233 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahresquartal, als die Risikovorsorge noch 75 Millionen Euro betrug. Die Abschreibungen für sogenannte „Leveraged Loans“, also die Kredite für hochverschuldete Unternehmen oder Investoren, beliefen sich laut Finanzchef James von Moltke auf 150 Millionen Euro. Die Rückstellungen in Höhe von 165 Millionen Euro für Rechtsstreitigkeiten, wie etwa die Untersuchung zur WhatsApp-Nutzung der Manager, stufte Finanzchef von Moltke als „unvorhergesehene Posten“ ein.
Ihr Risiko gegenüber Russland verringerte die Bank weiter – um 42 Prozent auf 0,6 Milliarden Euro. Auf Nettobasis, das heißt nach Kreditrisikominderungen, belief sich das Kreditengagement auf 0,5 Milliarden Euro. „Diese Kredite entfallen überwiegend auf russische Großunternehmen mit wesentlichen Geschäftsbetrieben und Zahlungsströmen außerhalb Russlands“, hieß es im Quartalsbericht.
WERTPAPIER-GESCHÄFT RETTET DIE GEWINNE DER INVESTMENTBANK
Im Investment Banking stiegen die Gewinne entsprechend der Prognosen lediglich um ein Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Das Geschäft mit dem Handel von festverzinslichen Wertpapieren konnte hierbei die weggebrochenen Erträge aus dem schwachen Emissions- und Beratungsgeschäft ausgleichen. „Das Umfeld im Investment Banking ist schwieriger geworden“, konstatierte von Moltke in einer Telefonkonferenz. Auch hier passte das Geldhaus den Ausblick im Vergleich zum ersten Quartal an: Rechnete sie im April in der Investmentbank noch mit etwas höheren Erträgen, so lautet der aktuelle Ausblick nur noch „nahezu unverändert“ zum Vorjahr. Die Gesamterträge des Konzerns erhöhten sich im zweiten Quartal um rund sieben Prozent auf 6,65 Milliarden Euro. Die harte Kernkapitalquote (CET1) stieg im Quartalsverlauf auf 13 Prozent von 12,8 Prozent.
Im Vergleich zu den US-Geldhäusern federte die Deutsche Bank die Turbulenzen an den Märkten im ersten Halbjahr besser ab. Wegen höherer Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle und einem schwachen Investment Banking hatten JPMorgan, Morgan Stanley und Wells Fargo für das zweite Quartal jeweils prozentual zweistellige Gewinnrückgänge gemeldet.
Deutsche Bank dämpft Optimismus trotz Gewinnsprung
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