Donnerstag, März 28, 2024
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Corona-Welle trifft Shanghai mit voller Wucht – „Tragischer Kampf“

Shanghai/Peking, 22. Dez – Die Corona-Welle hat die chinesische Wirtschaftsmetropole Shanghai mit voller Wucht erfasst. Das Shanghaier Deji-Krankenhaus wies sein Personal an, sich auf einen „tragischen Kampf“ mit Covid-19 vorzubereiten. Die Hälfte der 25 Millionen Einwohner der Stadt werde sich bis Jahresende infizieren, während sich das Virus weitgehend unkontrolliert verbreitet. Bereits jetzt seien Schätzungen zufolge rund 5,4 Millionen Einwohner infiziert, schrieb das Krankenhaus auf seinem offiziellen Kanal auf dem chinesischen Messengerdienst We Chat.

China hatte vor zwei Wochen unter dem Druck regierungskritischer Proteste und einer schwächelnden Wirtschaft eine abrupte Abkehr von seiner strikten Null-Covid-Politik verkündet. Eine Corona-Welle rollt durch das Land. Da aber kaum noch getestet wird, spiegelt sich diese nicht in den offiziellen Zahlen wider. Hinzu kommt, dass Todesfälle nur bei Erfüllung eng umgrenzter Kriterien offiziell auf Covid-19 zurückgeführt werden.

Am Mittwoch hatten die chinesischen Behörden in dem Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern den zweiten Tag in Folge keine einzigen neuen Covid-Todesfall gemeldet, obwohl die Nachfrage bei Bestattungsunternehmen in der vergangenen Woche sprunghaft angestiegen ist. Experten rechnen im nächsten Jahr mit mehr als einer Million Covid-Toten, da die Impfquote in der gefährdeten älteren Bevölkerung relativ niedrig ist. Die Impfquote in China liegt Regierungsdaten zufolge zwar bei über 90 Prozent, doch nur 57,9 Prozent der Erwachsenen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten – bei Menschen über 80 Jahren sind es sogar nur 42,3 Prozent. Zudem wurde den Geimpften zumeist der Impfstoff der chinesischen Firma Sinovac verabreicht, der im Vergleich etwa zu dem des deutschen Unternehmens Biontech 22UAy.DE als weniger wirksam gilt.

„WIR KÖNNEN NICHT ENTKOMMEN“

Zudem hat die Kehrtwende der chinesischen Politik das schwache Gesundheitssystem unvorbereitet getroffen: Die Krankenhäuser suchen händeringend nach Betten und Blutkonserven, die Apotheken nach Medikamenten. Selbst in den Metropolen Peking und Shanghai, in denen das Gesundheitssystem deutlich besser als im Rest des Landes ist, ist die Lage besorgniserregend. In einem Krankenhaus in Peking zeigten Aufnahmen des staatlichen Fernsehens CCTV Reihen älterer Patienten auf der Intensivstation, die durch Sauerstoffmasken atmeten.

Es war unklar, wie viele davon Covid hatten. Der stellvertretende Leiter der Notaufnahme des Krankenhauses, Han Xue, sagte CCTV, man nehme täglich 400 Patienten auf, viermal mehr als üblich. „Bei diesen Patienten handelt es sich ausschließlich um ältere Menschen mit Grunderkrankungen, Fieber und Atemwegsinfektionen, die sich in einem sehr ernsten Zustand befinden“, sagte Han. 

Das Shanghaier Deji-Krankenhaus wählte drastische Worte. „Der Heiligabend, der Neujahrstag und das chinesische Neujahrsfest werden in diesem Jahr unsicher sein“, hieß es. „In diesem tragischen Kampf wird der gesamte Großraum Shanghai fallen, und wir werden alle Mitarbeiter des Krankenhauses infizieren! Wir werden die ganze Familie infizieren! Unsere Patienten werden alle infiziert sein! Wir haben keine Wahl, wir können nicht entkommen.“

ZWEIFEL AN STATISTIKEN

China nutzt restriktive Kriterien bei der Zählung von Corona-Todesfällen. Seit Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 hat das Land lediglich 5241 Todesfälle gemeldet – eine im weltweiten Vergleich verschwindend geringe Zahl. Allein die USA haben mehr als eine Million Corona-Tote registriert, in Deutschland sind es mehr als 160.000. Ein führender chinesischer Medizinexperte hatte am Dienstag erklärt, dass nur Todesfälle, die durch Lungenentzündung und Atemversagen nach einer Covid-Infektion verursacht wurden, als durch das Coronavirus verursacht eingestuft werden. Todesfälle aufgrund von Komplikationen, einschließlich durch das Virus verschlimmerter Grunderkrankungen, würden bei der offiziellen Zählung nicht berücksichtigt, sagte Wang Guiqiang, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Ersten Krankenhaus der Universität Peking. Die Kriterien seien geändert worden, weil die Wahrscheinlichkeit andere lebensbedrohliche Symptome bei der Omikron-Variante geringer sei. 

Seuchenexperten außerhalb Chinas gehen davon aus, dass dadurch zahlreiche Corona-Fälle nicht erfasst werden. Die neue Definition „wird eindeutig nicht alle Todesfälle durch Covid erfassen“, sagte Aaron Glatt, Experte für Infektionskrankheiten am Mount Sinai South Nassau Hospital in New York und Sprecher der Infectious Diseases Society of America. „Zu sagen, dass man alles andere, was im Körper vor sich geht, ignorieren wird, macht keinen Sinn und ist wissenschaftlich ungenau.“

Selbst wenn China die Definition der Covid-Todesfälle weiter fassen würde, dürften die offiziellen Daten angesichts der schnellen Ausbreitung der Infektionen kaum die Situation vor Ort widerspiegeln, sagte Chen Jiming, Forscher an der chinesischen Universität Foshan. „Die gemeldete Zahl der Fälle und Todesfälle ist nur ein sehr kleiner Teil der tatsächlichen Werte“, sagte er. Ben Cowling, Epidemiologe an der School of Public Health der Universität Hongkong, sagte, dass die offizielle Zahl der Todesfälle sehr niedrig sei, selbst wenn eine breitere Definition verwendet würde, „weil so wenig Tests gemacht werden“, nachdem China die Massenüberwachung eingestellt hat.

Corona-Welle trifft Shanghai mit voller Wucht – „Tragischer Kampf“

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Sławomir Kowalewski auf Pixabay

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