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Chinas Notenbank bekämpft mit Zinssenkung Corona- und Immobilienkrise

Shanghai, 22. Aug (Reuters) – Mit einer weiteren Zinssenkung greift Chinas Zentralbank der von der Immobilien- und Corona-Krise geschwächten Wirtschaft unter die Arme. Der Schlüsselsatz für einjährige Kredite (LPR) wurde am Montag um fünf Basispunkte auf 3,65 Prozent gesenkt, der Schlüsselsatz für fünfjährige Kredite fiel um 15 Basispunkte auf 4,30 Prozent. Die meisten Kredite in China basieren auf dem einjährigen Zins, der Schlüsselzins für fünfjährige Darlehen beeinflusst die Hypotheken. Dass dieser nun deutlich gesenkt wurde, gilt als Versuch der Notenbank, den Immobiliensektor zu stabilisieren.

Dieser steckt in der Krise und lastet auf den Wachstumsaussichten. Zusätzlich in die Zange genommen wird die Wirtschaft durch die strikten Corona-Eindämmungsmaßnahmen der Regierung. Diese trugen mit dazu bei, dass das Bruttoinlandsprodukt in dem lange Zeit von hohen Wachstumsraten verwöhnten Land im Frühjahr nur um magere 0,4 Prozent zulegte.

So ist es auch zu erklären, dass die Notenbank in Peking anders als etwa die Federal Reserve in Washington oder die Europäische Zentralbank in Frankfurt die Zinszügel lockert und nicht anzieht. Und anders als in Übersee droht die Inflation im Reich der Mitte nicht auszuufern – die Verbraucherpreise stiegen zuletzt mit 2,7 Prozent eher moderat. 

Ökonomin Sheana Yue vom Analysehaus Capital Economics sieht die Notenbank weiter auf Lockerungskurs, wobei im laufenden Jahr noch zwei Zinssenkungen hinzukommen könnten. Doch dabei steht die Zentralbank vor einer Gratwanderung: Sie muss darauf achten, dass die Inflation nicht durch eine zu lockere Geldpolitik angefacht wird. Zugleich gilt es, das Risiko einer Kapitalflucht im Auge zu behalten, da beispielsweise in den USA im Zuge der aggressiven Zinserhöhungen Anlagen in den Dollar immer attraktiver werden.

Den Schlüsselsatz für einjährige Kredite hatte die chinesische Zentralbank zuletzt im Januar gesenkt, den für fünfjährige Darlehen im Mai. Die Notenbank hatte sich überdies unlängst mit der überraschenden Kappung anderer wichtiger Zinssätze gegen den von der Corona-Krise beförderten Abschwung gestemmt. Es wird damit gerechnet, dass das von der Regierung ausgegebene Wachstumsziel von 5,5 Prozent für dieses Jahr nicht zu halten ist – auch, weil der Immobiliensektor schwächelt und die Verbraucher sich mit Ausgaben zurückhalten. Die Volkswirte der US-Investmentbank Goldman Sachs erwarten sogar nur noch ein Wachstum von 3,0 Prozent.

BESORGNIS ÜBER WIRTSCHAFT – YUAN FÄLLT

Anleger sahen mit der erneuten Zinssenkung die Probleme des chinesischen Immobilienmarkts ins Rampenlicht gerückt. Die Besorgnis über die chinesische Wirtschaft ließ den Yuan auf ein 23-Monats-Tief fallen und setzte die Aktien in der Region unter Druck. Chinas Immobiliensektor, der für rund ein Viertel der Wirtschaft steht, ist in Turbulenzen geraten, nachdem eine Reihe von Immobilienentwicklern bei ihren Anleiheschulden in Zahlungsverzug geraten waren. Dazu haben die Corona-Lockdowns in Metropolen wie Shanghai die chinesischen Immobilienverkäufe im Frühjahr so stark einbrechen lassen wie seit Jahren nicht mehr. Die Krise hatte sich in den vergangenen Wochen noch verschärft, nachdem eine große Anzahl von Immobilienkäufern damit gedroht hatte, ihre Hypothekenzahlungen für ins Stocken geratene Wohnungsprojekte zu stoppen.

Laut Capital-Economics-Expertin Yue hat das Vertrauen in den Wohnungsmarkt in der Immobilienkrise gelitten und die strikten staatlichen Lockdowns in der Corona-Krise haben überdies für Unsicherheit gesorgt: „Das sind Bremswirkungen, die die Geldpolitik nicht so leicht lösen kann.“

China hat versucht, in Großstädten wie Shanghai mit strikten Ausgangssperren die Ausbreitung des Corona-Virus unter Kontrolle zu bringen. Doch neue Ausbrüche lassen Zweifel an der Wirksamkeit der Strategie aufkommen. „Lockdown-Risiken und Bedenken im Zusammenhang mit der Immobilienwirtschaft bestehen weiterhin – auch wenn wir davon ausgehen, dass dieser Gegenwind nachlassen wird. Ohne ausgleichende Stimulierungsmaßnahmen scheint das Ausmaß der Probleme im Immobiliensektor jedoch nicht behebbar“, so die Einschätzung der Ökonomen des Vermögensverwalters Nikko Asset Management.

Chinas Notenbank bekämpft mit Zinssenkung Corona- und Immobilienkrise

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Titelfoto: Symbolfoto

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