Berlin, 07. Nov – Die Ampel-Koalition will sich nicht auf den Vorschlag der CDU einlassen, die Regelsätze der Grundsicherung unabhängig von einer Reform zum Bürgergeld zu erhöhen. „Die Union will Hartz IV retten“, sagte Grünen-Parteichef Omid Nouripour am Montag. Das von der Ampel geplante Bürgergeld bedeute nicht nur höhere Regelsätze, sondern auch mehr Schutz für Wohnraum und Erspartes. Es gehe um mehr Qualifizierung und bessere Möglichkeiten für Zuverdienste. All das blockiere die Union mit ihren sieben Regierungsbeteiligungen in den Ländern. Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte nach einer Sitzung seines Partei-Präsidiums, wer die Regelsätze ohne eine Strukturveränderung erhöhen wolle, „der geht aus meiner Sicht den falschen Weg“. Der FDP gehe es vor allem um das Prinzip „Fordern und Fördern“.
Die CDU-Gremien stellten sich indes hinter einen Vorschlag von Parteichef Friedrich Merz, im Bundestag in dieser Woche nur über die Erhöhung der Regelsätze abzustimmen und über Änderungen am System erst später. „Mein Eindruck ist, dass der Vermittlungsausschuss am Ende der Ort sein wird, wo über das Bürgergeld gesprochen werden wird“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Die Bundesagentur für Arbeit hatte gewarnt, dass die rechtzeitige Auszahlung der geplanten Erhöhung der in Bürgergeld umbenannten Hartz-IV-Bezüge um über 50 Euro auf 502 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen fraglich sei, wenn es zum Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat komme.
Die Unions-Fraktion will laut Czaja noch diese Woche eine namentliche Abstimmung im Bundestag beantragen. Der CDU-Generalsekretär will das als Votum der Ampel-Abgeordneten werten, dass sie keine Erhöhung zum 1. Januar wollten. Nouripour widersprach: „Die Regelsätze gehören schnell angehoben aufgrund der massiven Belastung und der Inflation, denen gerade Menschen mit kleineren Portemonnaies ausgesetzt sind.“
VOGEL: VORSCHLAG DER CDU FALSCH
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, lehnte eine Entkoppelung ab. „Merz‘ Vorschlag, einfach Regelsätze zu erhöhen, ohne Leistungsgerechtigkeit und Aufstiegschancen zu verbessern, wäre genau falsch“, twitterte Vogel. Kernelement sei die überfällige Zuverdienstreform: „Wer arbeitet, soll mehr haben als der, der nicht arbeitet!“
SPD, Grüne und FDP wollen, dass das Bürgergeld ab Anfang 2023 die bisherige Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) ablöst. Sie brauchen dafür im Bundesrat auch die Zustimmung Unions-geführter Länder. Die Union bemängelt vor allem, dass das Schonvermögen beim Bürgergeld viel zu hoch angesetzt sei. Bei einer vierköpfigen Familie betrage es 150.000 Euro sowie Wohneigentum und Altersvorsorge.
Bei einer Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestages legten am Montag etwa zwei Dutzend Verbände und Sachverständige ihre Einschätzungen zum Bürgergeld vor. Während Wirtschaftsverbände die Reform kritisch sehen, wird sie von der Bundesagentur für Arbeit sowie Sozialverbänden im Grundsatz begrüßt. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber sprach von einem „Etikettenschwindel auf Kosten des Arbeitsmarktes“.
CDU will Anhebung Hartz-IV-Sätze Anfang 2023 – aber kein Bürgergeld
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Louis auf Pixabay
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