New York/Berlin, 07. Nov – Der neue Twitter-Eigentümer Elon Musk sorgt mit seinen angekündigten Änderungen an der sozialen Plattform für Unruhe. Die Bundesregierung kündigte nach einer Entlassungswelle in dem US-Unternehmen am Montag an, dass auch der neue Eigentümer die gesetzlichen Vorgaben in Deutschland und der EU befolgen müsse. Man behalte sich Konsequenzen vor, habe darüber aber noch nicht entschieden, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin.
„Wir nehmen die Veränderung bei Twitter sehr genau zur Kenntnis“, sagte sie. Auch die EU-Kommission hatte Musk gewarnt. Musk selbst kündigte an, dass er Twitter zur „mit Abstand genauesten Informationsquelle über die Welt“ machen wolle. „‚Genau‘ in wessen Augen?“ fragte etwa der Twitter-Gründer und ehemalige Vorstandschef Jack Dorsey daraufhin.
Musk hatte angekündigt, ein Gremium mit „sehr unterschiedlichen Standpunkten“ einzurichten, das die Inhalte auf Twitter moderieren soll. Bevor dieses Gremium nicht zusammengetreten sei, würden keine Entscheidungen über Inhalte oder die Wiederaufnahme von Inhabern ausgeschlossener Konten fallen.
Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg versucht das Unternehmen inzwischen Dutzende von entlassenen Mitarbeitern zurückzuholen. Einigen sei irrtümlich gekündigt worden, bei anderen habe das Management erst im Nachhinein erkannt, dass sie für die neuen Funktionen wichtig seien könnten, die Musk bei Twitter einführen will, berichtete Bloomberg unter Berufung auf mit der Entwicklung vertraute Personen. Bei Twitter war zunächst keine Stellungnahme dazu zu erhalten. Die Entlassung eines erheblichen Teil der Belegschaft hatte Sorgen zusätzlich geschürt, dass Twitter seinen gesetzlichen Pflichten etwa beim Vorgehen und Löschen von Hass- und Hetze-Tweets nicht mehr nachkommen könne.
Ein Grund für Zweifel an dem neuen Twitter-Geschäftsmodell ist auch das umstrittene politische Engagement von Musk. Er hatte zuletzt Verschwörungstheorien geteilt und auch mit Äußerungen zum Ukraine-Krieg für Aufsehen gesorgt. Am Montag empfahl er den US-Bürgern, bei den Zwischenwahlen für den Kongress am Dienstag republikanische Kandidaten zu wählen. „An unabhängig denkende Wähler: Geteilte Macht zügelt die schlimmsten Auswüchse beider Parteien, daher empfehle ich, für einen republikanischen Kongress zu stimmen, da die Präsidentschaft demokratisch ist“, schrieb er auf Twitter. Der reichste Mann der Welt hatte bereits früher erklärt, dass er für die Republikaner stimmen würde, sagt aber, dass er die Gemäßigten auf beiden Seiten unterstützt.
Musk versucht, den Kaufpreis von 44 Milliarden Dollar unter anderem mit der Entlassungen etwa der Hälfte der 7500 Mitarbeiter zählenden Belegschaft sowie einer Monetarisierung der Plattform wieder hereinzuspielen. Allerdings haben bereits etliche Konzerne angekündigt, dass sie keine Werbung mehr auf twitter schalten wollen. Es gebe einen „massiven Rückgang“ der Einnahmen seit der Übernahme, sagen Kreditexperten. Der Verschuldungsgrad könnte deutlich steigen, es sei denn, Musk steuere erheblich mehr Eigenkapital bei als bisher geplant oder verbessert die Rentabilität spürbar, schrieben die Analysten von S&P Global.
Seit Samstag verlangt Twitter deshalb acht Dollar von Nutzern, die ihr Konto mit einem blauen Häkchen als echt kennzeichnen lassen wollen. Bislang war die Vergabe des Symbols kostenlos. Es sind die ersten Änderungen, die auf Musk zurückgehen. Mit „Twitter Blue“ bekämen zahlende Nutzer zudem weniger Anzeigen eingeblendet und können längere Videos posten. Damit will Musk die Einnahmen steigern.
Die Bundesregierung betonte, dass etliche Bundesministerien mittlerweile sowohl auf Twitter als auch auf dem in Deutschland gegründete Kurznachrichtendienst Mastodon vertreten seien, die als mögliche Alternative angesehen wird. Dazu zählen etwa das Innen- und Außenministerium, das Bundespresseamt, der Zoll und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
Bundesregierung nimmt Twitter unter Beobachtung
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Thomas Ulrich auf Pixabay
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