Berlin, 02. Nov – Bund und Länder haben ein milliardenschweres Entlastungspaket geschnürt, das Bürger und Firmen in der Energiekrise helfen soll. Nach dreistündigen Beratungen im Bundeskanzleramt zeigten sich Kanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten zufrieden. „Wir haken uns unter und wir lösen die Probleme unseres Landes gemeinsam“, sagte Scholz. Während die 16 Länder sich mit den geplanten Energiepreisdeckeln der Ampel-Regierung einverstanden erklärten, erhöhte der Bund seine Zahlungen an die Länder etwa bei den Schienen-Regionalisierungsmitteln und der Flüchtlingshilfe.
Zudem wird das 49-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr hälftig von Bund und Ländern finanziert. Offen blieb allerdings, ob die Gaspreisbremse rückwirkend ab Januar wirken könnte und wer die Kosten für den Härtefallsfonds für kleine und mittlere Unternehmen übernimmt. Die Bundesregierung hatte vorgeschlagen, dass sich Bund und Länder die Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro zur Hälfte teilen. Das lehnen die Länder ab.
„Heute war es ein gutes Treffen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach davon, das die Bürger nun Gewissheit über die staatlichen Hilfen hätten. Scholz unterstrich, dass Verbraucher und Unternehmen deutlich entlastet würden.
WEIL – KEIN REIN RAUS BEI DER FÖRDERUNG
Die 16 Länderchefinnen und -chefs forderten den Bund auf, nach der Übernahme der Abschlagzahlung im Dezember mit der Wirkung der Gaspreisbremse nicht bis März zu warten. „Es darf kein Rein, Raus bei der Entlastung geben“, sagte Weil. Dies sei in der Bevölkerung nicht zu vermitteln. Scholz habe zumindest eine Prüfung zugesagt. Der Kanzler selbst sagte, dass man zunächst die Vorschläge der Gaspreis-Kommission umsetzen werde. Diese sehen die Einführung der Strompreisbremse zum 1. Januar und der Gaspreisbremse zum 1. März vor. Dann werde man prüfen, ob man rückwirkend zu Entlastungen auch für Januar und Februar kommen könne.
Im Eckpunktepapier der Bundesregierung ist vorgesehen, dass der Strompreis für Privathaushalte ab Anfang kommenden Jahres bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt wird. Dies soll für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Jahresverbrauchs gelten. Bei Industrieunternehmen würden die Strompreise bei 13 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt für 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisierte, dass man immer noch keine Regelung für die Entlastung der Besitzer von Ölheizungen gefunden habe.
Die Gas- und Strompreisbremsen werden unter den sogenannten Abwehrschirm mit bis zu 200 Milliarden Euro finanziert, die der Bund bis zum Frühjahr 2024 durch neue Schulden zur Abfederung der Energiekosten bei Verbrauchern und Wirtschaft vorgesehen hat. Die Energiepreisbremsen sollen bis Ende April 2024 gelten. Niedersachsens Ministerpräsident Weil wies darauf hin, dass auf den Staat weitere Ausgaben zukämen.
Er äußerte sich deshalb skeptisch über die Pläne von Finanzminister Christian Lindner, die Bürger mit der Erhöhung der Grundfreibeträge und Abfederung der sogenannten kalten Progress in der Einkommenssteuer um 45 Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren zu entlasten. Die Länder müssten noch zusätzliche Hilfsprogramme auf Landesebene einplanen. „Wichtig ist, dass der Staat seine Aufgaben gut bewältigen kann“, betonte der SPD-Politiker. Nur wenn es dann noch Spielraum gebe, könne man über Entlastungen reden.
Die Länder lobten, dass der Bund die Flüchtlingshilfen aufstockt. Im Jahr 2023 will der Bund dabei 1,5 Milliarden Euro für die Betreuung ukrainischer Kriegsflüchtlinge zur Verfügung stellen. Dazu kommt eine allgemeine flüchtlingsbezogene Pauschale in Höhe von 1,25 Milliarden Euro jährlich ab 2023. Diese Pauschale löse die bisherigen Pauschalen ab, etwa die für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge. Weil warnte, dass die Zahlen der ankommenden Menschen im Winter wegen der brutalen russischen Kriegsführung in der Ukraine weiter steigen könne.
Bund und Länder verständigten sich zudem auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket aus dem Sommer. Die Kosten werden auf rund drei Milliarden Euro geschätzt, die sich Bund und Länder teilen wollen. Der Bund stellt zusätzlich eine Milliarde Euro für den Nahverkehr im Jahr zusätzlich in Aussicht gestellt und zuletzt signalisiert, den Ländern noch weiter entgegen zu kommen.
Bund und Länder schnüren milliardenschweres Entlastungspaket
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Achim Scholty auf Pixabay
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