Frankfurt, 16. Feb (Reuters) – Die Hoffnung auf eine Entspannung im Russland-Ukraine-Konflikt hat Europas Börsen am Mittwoch gestützt. In Erwartung geldpolitischer Signale aus den USA hielten Aktienanleger allerdings die Füße still. Der Dax notierte am Vormittag 0,1 Prozent höher bei 15.429 Punkten, nachdem er am Dienstag zwei Prozent gewonnen hatte. Der EuroStoxx50 lag 0,2 Prozent im Plus bei 4153 Zählern.
Nachdem Russland einen weiteren Truppenabzug aus dem Grenzgebiet zur Ukraine meldete, hat der Konflikt etwas an Schrecken für die Börsianer verloren. „Die große Angst ist erst einmal vorbei. Die Unsicherheit bleibt aber dennoch hoch“, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Einige Nationen zweifelten an einem tatsächlichen Rückzug der Truppen, auch ein Hacker-Angriff auf das ukrainische Verteidigungsministerium sorgte für Stirnrunzeln.
Rohöl der Nordseesorte Brent verteuerte sich um 1,4 Prozent auf 94,60 Dollar je Fass. „Obwohl die Chancen auf eine friedliche Lösung steigen, unterstützen eine anziehende Nachfrage und ein knappes Angebot die Preise, wobei die Marke von 100 Dollar pro Barrel immer näher rückt“, sagte Analyst Ricardo Evangelista vom Broker ActivTrades.
Insgesamt zeigten sich Anleger wieder wagemutiger, was sich auch am Anleihemarkt widerspiegelte. Die oft als Absicherung in den Portfolios genutzten Staatsanleihen wurden verkauft, was die Renditen der zehnjährigen Bundespapiere um anderthalb Basispunkte auf 0,331 Prozent anschob. Damit lag die Verzinsung so hoch wie seit Dezember 2018 nicht mehr. „Unser Basisszenario bleibt, dass der Inflationsdruck und die Dringlichkeit der Zentralbanken, die Geldpolitik zu straffen, die Zinsen weiter in die Höhe treiben werden“, sagten die ING-Analysten.
ZINSTHEMA GEWINNT WIEDER AN AUFMERKSAMKEIT
Die Weltleitwährung Dollar notierte etwas schwächer. Der Dollar-Index, die die Devisen zu anderen wichtigen Währungen misst, fiel um 0,2 Prozent auf 95,840 Punkte. Die Erwartungen an steigende Zinsen in den USA auf längere Sicht könnten die Verluste allerdings begrenzen, sagten Marktteilnehmer. Zuletzt hatten unerwartet stark gestiegene US-Produzentenpreise die Spekulationen auf größere Zinsanhebungen geschürt.
Neben den US-Einzelhandelsdaten warteten Anleger deswegen zur Wochenmitte vor allem auf die Veröffentlichung der Protokolle der vergangenen Sitzung am Abend (MEZ). Sie versprechen sich Rückschlüsse darauf, ob die US-Notenbank den Leitzins im März um einen viertel oder einen halben Prozentpunkt anheben wird. Die Wahrscheinlichkeit für Letzteres sehen sie derzeit bei etwa 60 Prozent.
KLATSCHE FÜR DELIVERY HERO – DEUTSCHE BANK SENKT DEN DAUMEN
Delivery Hero tauchten nach einer Herunterstufung durch die Deutsche Bank auf „Hold“ von „Buy“ ab. Die Aktien verloren 6,9 Prozent auf 46,39 Euro und halten die rote Laterne im Dax. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus damit auf knapp 50 Prozent. Die Analysten begründeten ihr Urteil unter anderem mit einer begrenzten Transparenz bei der Refinanzierung der Wandelanleihen. Zudem nehme die Wachstumsdynamik ab, während der Essenslieferdienst weiter in den roten Zahlen bleibe. Es drohe das Risiko einer Kapitalerhöhung.
Mit einem Kursplus von 3,6 Prozent stand Air Liquide an der Spitze des Pariser Leitindex. Das Industriegase-Unternehmen will die höheren Energiepreise teils an die Kunden weiterreichen und rechnet 2022 mit höheren Margen. Die US-Bank JP Morgan bezeichnete die Geschäftszahlen als „sehr solide“.
Börsen leicht fester – Kriegs- und Zinsängste wechseln sich ab
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