Mittwoch, Dezember 18, 2024
StartWirtschaftBei Startups trennt sich 2023 die Spreu vom Weizen

Bei Startups trennt sich 2023 die Spreu vom Weizen

Frankfurt, 09. Dez – Steigende Zinsen und die drohende Rezession bereiten zahlreichen Startups Schwierigkeiten. Das Geld der Investoren sitzt nicht mehr so locker wie in den vergangenen Jahren und die Verbraucher drehen jeden Cent zwei Mal um. Allerdings können sich einige dieser aufstrebenden Unternehmen Experten zufolge auch weiterhin Hoffnungen auf frische Investorengelder machen. „Der Startup-Markt ist nicht tot“, sagt Kai Hesselmann, Mitgründer von DealCircle, einer Datenbank für Firmenübernahmen. Er befinde sich aber in einer Phase der Neuausrichtung, in der Start-ups aus bestimmten Branchen bei den Investoren punkten könnten und nicht mehr nur Wachstum um jeden Preis zähle.

„Bei den Startups werden im nächsten Jahr die Dinge weiterhin interessant sein, die die großen Menschheitsthemen betreffen: Das ist im Wesentlichen der Klimawandel und damit alle Unternehmen aus diesem Bereich“, fasst Hesselmann die Kriterien zusammen. Hierzu zählt etwa Enapter, ein Anbieter sogenannter Elektrolyseure, die Wasserstoff herstellen. Das Unternehmen will seinen Umsatz 2023 auf 30 Millionen Euro verdoppeln. Konkurrent Sunfire sicherte sich im März weitere 86 Millionen Euro an frischem Geld. 

Chancen ergäben sich außerdem aus den aktuellen Krisen wie beispielsweise bei der Energieversorgung, sagt Christoph Stresing, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutsche Startups. „Startups sind Problemlöser.“ Gleichzeitig verfügten Investoren noch über reichlich Kapital. „Wir haben auch größere Finanzierungsrunden einzelner Fonds gesehen. Das deutet auf eine gewisse Robustheit des Startups-Ökosystems hin.“ Daran werde sich 2023 voraussichtlich nichts ändern. 

Ein ähnliches Bild zeichnet die Studie „State of European Tech 2022“ des Wagniskapitalgebers Atomico. Demzufolge lagen Kapitalpolster der Investoren im deutschsprachigen Raum Ende 2021 bei sieben Milliarden Euro. Das sei ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zu 2017. Außerdem wachse die Attraktivität Deutschlands für Startup-Gründer und -Führungskräfte. Seit Jahren wanderten immer mehr dieser Fachkräfte ein als aus. 

SCHWIERIGES JAHR 2022

In den vergangenen Monaten haben die großen Notenbanken die Leitzinsen drastisch angehoben, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Dadurch verteuern sich Kredite. Vor diesem Hintergrund brach das Volumen der Investitionen in deutsche Technologiefirmen im laufenden Jahr im Vergleich zu 2021 um 43 Prozent ein, wie sich aus der Studie „State of European Tech 2022“ ergibt. 

Gleichzeitig sei in Deutschland die Zahl der Neugründungen und Finanzierungsrunden im ersten Halbjahr erstmals seit 2019 gesunken, sagt Startupverbandschef Stresing. Dieser Trend habe sich im dritten Quartal noch einmal verschärft. „Damit bewegen wir uns in Sachen Finanzierung aber immer noch oberhalb des Niveaus von 2019.“ Man dürfe beim Rekordjahr 2021 nicht vergessen, dass sich die Investitionen damals mehr als verdreifacht hätten. 

SELEKTIVERE INVESTITIONEN – FUSIONEN UND BÖRSENGÄNGE

Vor diesem Hintergrund wandele sich der Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt, erläutert DealCircle-Experte Hesselmann. Weil in den vergangenen Jahren durch die Nullzins-Politik der Notenbanken Geld im Überfluss vorhanden war, hatten sich Investoren um jedes Startup gerangelt und sich bei Finanzierungsrunden überboten. Dies machte „State of European Tech“ zufolge im vergangenen Jahr 105 Firmen zu „Einhörnern“ – Startups mit einem Unternehmenswert von mehr als einer Milliarde Euro. Seit Anfang 2022 kamen aber gerade einmal 31 weitere hinzu. Denn mittlerweile sitzen die Geldgeber am längeren Hebel. „Finanzinvestoren und die Wagniskapitalgeber können die Preise und Konditionen stärker vorgeben“, sagt Hesselmann. Außerdem könnten Berater durch die geringere Zahl an Angeboten Interessenten weniger gegeneinander ausspielen. 

Prinzipiell beeinflusse das aktuelle Zins- und Konjunkturumfeld Investitionsentscheidungen aber kaum, wirft Uwe Horstmann, Mitgründer des Wagniskapitalgebers Project A, ein. „Vor allem bei Engagements in der frühen Phase eines Unternehmens ist das Timing sekundär. Wichtiger ist, ob es potenziell in acht oder zehn Jahren erfolgreich ist.“ 

Beim Thema Börsengängen sehen die Experten des Brokerhauses Freedom Finance Solaris als Kandidaten. Das FinTech ermöglicht anderen Firmen, Finanzdienstleistungen anzubieten. Project-A-Experte Horstmann rechnet erst ab 2024 mit einem Ende der Flaute in diesem Bereich. „Dann stehen aber einige Kohorten in den Startlöchern.“ Bei den 2023 zu erwartenden Zusammenschlüssen müsse man zwei Arten unterscheiden. Bei der ersten schließen sich zwei Firmen mit gut laufenden Geschäften zusammen, um Synergien zu heben.“ Da sehe er derzeit wenige Transaktionen. Bei der zweiten Kategorie – Fusionen, die aus der Not geboren seien – erwarte er in den kommenden Monaten einige.

Bei Startups trennt sich 2023 die Spreu vom Weizen

Quelle: Reuters

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