Berlin, 25. Apr (Reuters) – Das Geschäftsklima am Bau ist wegen des Ukraine-Kriegs auf den niedrigsten Stand seit Mai 2010 abgestürzt. Die Betriebe in Deutschland waren mit ihrer Lage deutlich weniger zufrieden, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. „Ihre Erwartungen waren zudem noch nie so pessimistisch seit der Wiedervereinigung“, betonte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Insbesondere große Materialengpässe belasten das Geschäft.“
Die lange Jahre boomende Branche blickt nun skeptisch in die Zukunft. „Weniger als ein Viertel unserer Bauunternehmen erwarten 2022 noch höhere Umsätze, gut 40 Prozent hingegen niedrigere Umsätze als 2021“, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. „Uns steht ein schwieriges Jahr bevor.“
Rund 40 Prozent der Betriebe berichten laut Bauindustrie (HDB), dass Auftraggeber Projekte zurückstellen. Etwa 30 Prozent müssten sogar Stornierungen wegstecken. „Für die kommenden Monate ist dies bedenklich“, warnte HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. „Wir stellen uns darauf ein, dass Unternehmen bald Kurzarbeit anmelden müssen.“ Jüngst hatte Müller erklärt: „Vor Wochen hat die Branche noch händeringend um Arbeitskräfte geworben – heute müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die halten, die wir haben.“
Die Aufträge am Bau sanken bereits vor dem Ukraine-Krieg. Die Bestellungen fielen im Februar inflationsbereinigt um 2,7 Prozent zum Vormonat und um 4,3 Prozent zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Branche leidet in Folge der Virus-Pandemie unter Lieferengpässen und massiv steigenden Preisen für Baustoffe. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine Ende Februar hat dies noch verschärft. Rund 80 Prozent der Firmen klagen dem ZDB zufolge über Lieferschwierigkeiten. Das betreffe etwa Stahl- und erdölbasierte Produkte wie Bitumen, Kunst- und Dämmstoffe. „Gerade hier verzeichnen wir erhebliche Preiserhöhungen, die die Unternehmen auch versuchen müssen, an die Kunden weiter zu geben“, sagte Pakleppa.
Während der Auftragseingang real sank, lag er nominal – wegen höherer Baupreise – mit 7,7 Milliarden Euro 8,6 Prozent über dem Niveau von Februar 2021. Der Umsatz im Bauhauptgewerbe kletterte im Februar binnen Jahresfrist nominal um 26,5 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Grund hierfür ist laut dem Statistischen Bundesamt auch ein weiterer Sondereffekt: der schwächere Umsatz im Februar 2021, bedingt durch das Auslaufen der temporären Mehrwertsteuersenkung zum Jahresende 2020.
Klammert man die Inflation am Bau aus, legten die Erlöse nur um elf Prozent zu. Die Zahl der im Bauhauptgewerbe tätigen Personen stieg im Februar binnen Jahresfrist um 2,3 Prozent. Im Dezember hatte die Branche für das Gesamtjahr 2022 noch ein Beschäftigungsplus von 10.000 auf 915.000 veranschlagt.
Baustimmung sinkt wegen Krieg auf tiefsten Stand seit 2010
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.