Wien, 14. Sep (Reuters) – Der zum österreichischen OMVOMVV.VI-Konzern gehörende Kunststoffhersteller Borealis sieht sich trotz massiven Widerstandes heimischer Bauernverbände gegen den Verkauf seiner Düngemittelsparte bei seinem Vorhaben auf Kurs. Das Stickstoffgeschäft gehöre nicht zu den Kernbereichen, erklärte das Unternehmen am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Borealis werde sich weiterhin auf die Bereiche recycelbare Kunststoffrohstoffe und Grundstoffe für die chemische Industrie konzentrieren. Der Verkauf des Geschäfts an die dem tschechischen Milliardär und Ex-Ministerpräsidenten Andrej Babis gehörende Agrofert werde im Laufe des zweiten Halbjahres abgeschlossen sein, bekräftigte der Hersteller von sogenannten Polyolefinen den Zeitplan. „Die Transaktion wurde bereits vor Wochen bei der Wettbewerbsbehörde angemeldet“, sagte eine Sprecherin.
Borealis hatte von Agrofert im Juni ein verbindliches Angebot in Höhe von 810 Millionen Euro erhalten. Der Verkauf des in Linz ansässigen Düngemittelgeschäfts mit 2000 Mitarbeitern ist jedoch Vertretern der Landwirtschaft ein Dorn im Auge. Der Bauernbund sieht die Versorgung der Nahrungsmittelerzeugung gefährdet und will den Verkauf mit rechtlichen Mittel bekämpfen. „Alle reden von Versorgungssicherheit und dann verkauft ein teilstaatliches Unternehmen ohne jede Not einen hochprofitablen Zweig, der die Versorgungssicherheit von ganz Österreich betrifft“, kritisierte Niederösterreichs Bauerbund-Chef Stephan Pernkopf. Die Bauern würden die Düngemittel dringend für die Produktion von Lebensmittel benötigen. Borealis erzeugt in der Sparte mehr als vier Millionen Tonnen Düngemittel und technische Stickstoffprodukte, darunter auch der Treibstoffzusatz AdBlue.
Der Bauernbund hat daher eigenen Angaben zufolge eine deutsche Anwaltskanzlei beauftragt, den Deal vor den europäischen Behörden zu bekämpfen. Darüber hinaus sei ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden, aus dem hervorgehe, dass der Verkauf verfassungsrechtlich problematisch sei. „Der Borealis-Deal könnte ohne wirtschaftliche Notwendigkeit zu groben Verwerfungen am Düngermarkt und damit auch bei Lebensmitteln führen“, sagte Bauernbund-Präsident Georg Strasser.
Die Vertreter der Landwirtschaft appellieren zudem an die Staatsholding ÖBAG, die Interessen Österreichs zu wahren. Die ÖBAG, die 31,5 Prozent an der Borealis-Mutter OMV hält, verweist auf eine Standortgarantie von Agrofert. Darüber hinaus habe sich der tschechische Konzern dazu bekannt, weiter in die Zukunft des Werks zu investieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Der Standort Linz gehört laut ÖBAG zu den wettbewerbsfähigsten Produktionsstätten und werde dies im Agrofert-Konzern auch bleiben. „Aus diesen Gründen kann die ÖBAG die vorgebrachten Argumente gegen den Verkauf nicht nachvollziehen, steht aber jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung“, sagte ein Sprecher der Staatsholding.
Borealis hatte bei dem Verkauf von Anfang an Probleme. Ursprünglich sollte die Sparte an EuroChem, einen in der Schweiz ansässigen Düngemittelkonzern eines russischen Oligarchen, verkauft werden. Das Angebot lag damals bei 455 Millionen Euro – fast halb so viel wie die Agrofert-Offerte. Aufgrund des Krieges in der Ukraine wurde das Geschäft gestoppt.
Bauern-Protest gegen Dünger-Deal bremst Borealis nicht ein
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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