London, 30. Okt – Die Bank von England wird aus Sicht von Volkswirten im Kampf gegen die massive Inflation in der kommenden Woche die Zinsen voraussichtlich so stark anheben wie seit 33 Jahren nicht mehr. Auf ihrem Zinstreffen am Donnerstag dürften sich die Währungshüter zudem auf eine Rezession vorbereiten. Die Konjunktursorgen könnten durch geplante Ausgabenkürzungen unter dem neuen Premierminister Rishi Sunak womöglich noch verstärkt werden. Die Notenbank hat inzwischen acht Sitzungen in Folge die Zinszügel angezogen, um den Preisauftrieb zu bändigen. Die Inflation lag zuletzt bei über zehn Prozent.
„Wir erwarten einen kräftigen Zinsschritt von 75 Basispunkten, wodurch der Leitzins auf 3,0 Prozent steigen würde“, schrieb Ökonomin Katrin Löken von der Fondsgesellschaft DWS. „Und die neuen Wachstums- und Inflationsprojektionen dürften zeigen, dass damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist“, fügte sie hinzu. Am Finanzmarkt taxierten Investoren zuletzt die Wahrscheinlichkeit auf rund 90 Prozent, dass der geldpolitische Ausschuss der Bank von England den Schlüsselzins derart kräftig nach oben setzen wird. Es wäre der größte Zinsschritt seit 1989.
Zeitweise war im Zuge der Finanzmarktturbulenzen, die durch die Wirtschaftspläne der ehemaligen Regierungschefin Liz Truss ausgelöst wurden, sogar eine Erhöhung um eine vollen Prozentpunkt erwartet worden. Truss hatte mit ihren finanzpolitischen Vorstellungen schwere Verwerfungen an den Börsen ausgelöst. Dadurch sah sich die Notenbank schließlich zu einer Intervention am Anleihemarkt gezwungen. Nach massiver Kritik war Truss nach nur sechs Wochen im Amt zurückgetreten. Der neue Premierminister Sunak hatte Truss Pläne massiv kritisiert.
Notenbank-Gouverneur Andrew Bailey hatte mit Äußerungen Mitte Oktober die Erwartungen eines kräftigen Zinsschritts zuletzt angeheizt. „Aus heutiger Sicht ist meine beste Vermutung, dass der Inflationsdruck eine stärkere Reaktion erfordern wird, als wir vielleicht im August dachten“, sagte er am 15. Oktober. Im August und auch im September hatte die Bank von England die Zinsen noch um jeweils 0,50 Prozentpunkte hochgesetzt.
Die Währungshüter stehen vor einem schwierigen Balance-Akt. „Viele Wirtschaftsindikatoren haben sich seit der letzten Sitzung des Ausschusses im September abgeschwächt, aber der Arbeitsmarkt ist nach wie vor angespannt und das Lohnwachstum stark“, merkte Chefvolkswirt Andrew Goodwin von Oxford Economics an. Die neuen finanzpolitischen Pläne der Regierung könnten für weitere Belastungen sorgen. Britische Medien hatten zuletzt berichtet, Regierungschef Sunak und Finanzminister Jeremy Hunt erwägten Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Höhe von 50 Milliarden Pfund, um Haushaltslöcher zu stopfen.
Bank von England womöglich vor stärkstem Zinsschritt seit 1989
Quelle: Reuters
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