Update Berlin, 15. Sep – Die versprochenen milliardenschweren Bahn-Projekte zum Ausgleich für den Kohle-Ausstieg in den Revieren stehen auf der Kippe. Von den insgesamt 40 Vorhaben vor allem in Ostdeutschland könnten nur 25 verwirklicht werden, heißt es in einer Aufstellung des Verkehrsministeriums, die der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vorlag. Damit sei das für die Reviere zur Verfügung stehende Budget erschöpft, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage aus dem Bundestag. Aber auch von den verbliebenen seien nur zehn angeschoben, vier weitere könnten folgen. Die Umsetzung der übrigen elf sei abgelehnt worden. Darunter ist auch die geplante ICE-Strecke Berlin-Cottbus, die den strukturschwachen Osten und die Lausitz besser anbinden sollten. Allein hier sollten über 1,6 Milliarden Euro investiert werden. Im Rheinland liegen Pläne über insgesamt rund zwei Milliarden Euro auf Eis.
Hintergrund ist, dass zwar der Bund die Schienenprojekte aus den Mitteln von insgesamt 40 Milliarden Euro zum Ausgleich für einen vorgezogenen Kohle-Ausstieg bis spätestens 2038 bezahlen will. Den Betrieb der Strecken müsste dann aber die Deutsche-Bahn-Tochter DB Netz finanzieren, vor allem aus Trassen-Gebühren der Nutzer. Das Unternehmen lehnt dies aber dem Ministerium zufolge bei vielen Projekten wie Berlin-Cottbus ab, da sich damit allein der Unterhalt der Strecken nicht rechnet. Als Aktiengesellschaft ist die Netz AG sogar dazu verpflichtet, nur wirtschaftliche Vorhaben umzusetzen.
Der Grünen-Bahn-Experte Matthias Gastel nannte die Verzögerungen ärgerlich. Es sei gut, dass die Beteiligten sprächen. „Ich hoffe auf ein zügiges Ergebnis, damit die versprochene Unterstützung der Kohleregionen zeitnah umgesetzt werden kann“, sagte er Reuters. Es zeigten sich die Probleme mit der gewinnorientierten DB Netz deutlich. Bis das Unternehmen wie von der Koalition geplant in eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft umgewandelt sei, brauche man eine Übergangslösung.
Der Linken-Experte Christian Görke sprach von einer Hiobsbotschaft mit Ansage. Man brauche jetzt dringend verbindliche Zusagen. „Beim Thema Strukturwandel versagt die Ampel bisher auf ganzer Linie.“
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Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, Bund, Länder und Bahn sprächen über die offenen Projekte. Ähnlich äußerte sich die Bahn selbst: „Um alle insgesamt 40 Projekte aus dem Strukturstärkungsgesetz umsetzen zu können, stehen wir im engen Austausch mit dem Bund und den betroffenen Ländern.“
Dem Schreiben des Verkehrsministeriums zufolge wäre ein Bau derzeit nur möglich, wenn auch der Betrieb vom Staat subventioniert würde. Dafür seien aber keine Mittel eingeplant. Als weitere Option werde erwogen, alle Projekte zusammen als eines zu behandeln. So könnten unwirtschaftliche und wirtschaftliche Strecken unterm Strich eventuell doch als machbar gelten.
Insgesamt liegen derzeit aber Bahn-Projekte für über vier Milliarden Euro in den betroffenen Kohle-Ländern auf Eis, wie aus der Aufstellung des Ministeriums hervorgeht. Dies sind in erster Linie solche in Ost-Deutschland, aber auch der Ausbau des S-Bahn-Netzes im Rheinischen Braunkohle-Revier sowie die Strecke Aachen-Köln.
Bahn-Projekte auf Eis – Hilfe für Reviere wegen Kohle-Ausstieg offen
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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