Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich bei ihrem zweiten Besuch in Kiew seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine schockiert über die Masse an Minen in dem Land gezeigt. „Was ich hier sehe, ist mehr als erschreckend“, sagte Baerbock am Samstag bei einem Besuch von Minenräumern in einem Vorort Kiews. Es sei klar, dass hier „ganz bewusst nicht nur Anti-Panzer-Minen verlegt worden sind, sondern auch Anti-Personen-Minen, also gezielt Minen eingesetzt wurden von der russischen Armee, um Zivilisten zu töten“. Wichtig sei daher, dass die Ukraine nicht nur militärische Hilfe erhalte, sondern auch Unterstützung im Zivilschutz.
Baerbock war am Morgen in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Sie wolle mit ihrem Besuch zeigen, „dass wir der Ukraine weiter beistehen, solange es nötig ist“, sagte die Grünen-Politikerin. Dies betreffe die Lieferung von Waffen sowie humanitäre und finanzielle Unterstützung. Der russische Präsident Wladimir Putin setze ihrer Einschätzung nach darauf, „dass wir der Anteilnahme am Leid der Ukraine müde werden“. Putin glaube, dass er die Gesellschaften mit Lügen spalten und mit Energielieferungen erpressen könne. „Diese Rechnung darf und wird nicht aufgehen“, mahnte Baerbock.
„Seit über sechs Monaten kämpfen die Ukrainerinnen und Ukrainer um alles“, sagte Baerbock. „Sie stemmen sich gegen die russische Aggression, nicht nur um ihr menschengegebenes Recht auf Frieden und Freiheit sondern auch unsere europäische Friedensordnung zu verteidigen.“ Um für die Menschen für ein bisschen Schutz zu sorgen, unterstütze Deutschland auch bei der Räumung von Minen und Kampfstoffen. „Dort, wo diese heimtückischen Waffen tagtäglich weiter das Leben von Kindern, von Frauen und Familien bedrohen, sorgen die von uns unterstützten Projekte so für ein wenig Mehr an Freiheit und Sicherheit.“
BAERBOCK: ENTMINUNG WIRD JAHRZEHNTE DAUERN
Grundlage für jeden Wiederaufbau sei, „dass das Land entmint werden muss“, sagte Baerbock beim Besuch einer Einheit zur Minenräumung in der Siedlung Welyka Dymerka. Klar sei, die Entminung der Ukraine werde Jahrzehnte dauern. Wichtig sei daher, „in Städten, in Vororten, in Dörfern, auf Feldern, auf Wegen Entminung voranbringen, damit Menschen, jetzt, wo die Panzer weg sind, zumindest halbwegs sicher zu ihren Feldern oder auch zu ihrer Arbeit vor Ort kommen zu können“. Die Bundesregierung hat zusammen mit den Niederlanden ein Programm zur Minenräumung in der Ukraine gestartet. Dabei sollen ukrainische Soldaten von der Bundeswehr zur Minensuche und -räumung sowie der Beseitigung von Sprengfallen ausgebildet werden. Zudem wird entsprechendes Material gestellt.
Am späteren Nachmittag wollte Baerbock mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zusammenkommen. Die Ministerin war am 10. Mai als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsausbruch nach Kiew gereist. Zuvor war ein Streit zwischen beiden Regierungen ausgebrochen, weil der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wegen dessen früherer Nähe zu Russland zur unerwünschten Person erklärt hatte. Deswegen lehnte es Bundeskanzler Olaf Scholz lange Zeit ab, nach Kiew zu reisen. Schließlich kam es zu einem Gespräch zwischen Selenskyj und Steinmeier, der Streit wurde beigelegt. Am 16. Juni reiste Scholz schließlich selbst in die Ukraine.
Baerbock in Kiew – „Mehr als erschreckend“
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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