Freitag, April 19, 2024
StartWirtschaftAusstieg aus Russland? Banken drohen hohe Hürden und Kosten

Ausstieg aus Russland? Banken drohen hohe Hürden und Kosten

New York, 07. Mrz (Reuters) – Nach dem Schock über den Einmarsch Wladimir Putins in die Ukraine stellen westliche Großbanken ihr Russland-Geschäft auf den Prüfstand. Die scharfen internationalen Sanktionen werfen in den Chefetagen die Frage auf, ob die Institute in dem Land überhaupt aktiv bleiben können.

Doch während Industriekonzerne ihre Zelte relativ rasch abbrechen können, ist ein solcher Schritt bei Banken ungleich komplexer. „Man kann sich nicht einfach einseitig von Kreditverpflichtungen und anderen Arten von finanziellen Forderungen lösen“, erklärt Dan Awrey, Professor an der Cornell Law School. „Es gibt jemanden auf der anderen Seite, und das macht die Sache viel komplizierter.“

Bisher hat noch keine internationale Bank Russland Adieu gesagt. Doch vergangene Woche berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) Insidern zufolge eine Abkehr vom russischen Markt erwägt. Mindestens ein anderes großes Geldhaus mit Niederlassungen in Russland stellt einem Insider zufolge ein internes Team zusammen, um gemeinsam mit externen Anwälten und Beratern auszuloten, ob und wie die Bank aus dem Markt aussteigen könnte.

Einen Schritt weiter sind bereits die Energiekonzerne BP und Shell, die zum Rückzug geblasen haben. „Für ein Ölunternehmen mag es so einfach sein, sich von seinen Raffinerieanlagen in Russland zu trennen, wie die Schlüssel abzugeben und das Land zu verlassen, aber für ein Finanzdienstleistungsunternehmen ist ein einseitiger Rückzug nicht möglich“, sagte Awrey. Unter normalen Umständen könnten sich Banken nicht ohne die Zustimmung der Regulierungsbehörden und der Zentralbank aus einem Land zurückziehen. Außerdem bräuchten sie einen Käufer, der ihre Kredite und andere Verpflichtungen übernehme, so Experten.

ZUGANG ZU RUBELKREDITEN UNTERSAGT

Besorgniserregend ist einem Bankeninsider zufolge eine Anordnung des Kremls vom 1. März, die die Vergabe von Rubelkrediten an Ausländer untersagt. Die Banken müssten nun eruieren, wie sich dies auf ihr Geschäft auswirke. So stelle sich die Frage, ob Unternehmen aus Ländern, die Moskau sanktioniert haben, damit den Zugang zu Rubel-Krediten verlören. Der Bankeninsider bezweifelte, dass ausländische Häuser unter diesen Umständen weiterhin in Russland tätig sein könnten. Unklar ist auch, wie sich die US-Sanktionen gegen die russische Zentralbank auf die Marktinfrastruktur auswirkt. 

Die Schweizer Großbank UBSUBSG.Süberprüft nach eigenen Angaben derzeit das Abwicklungsrisiko bei einigen offenen Transaktionen mit russischen Banken und Nicht-Bank-Gegenparteien. Mögliche Marktschließungen, Devisenkontrollen oder Sanktionen könnten die Fähigkeit des Instituts einschränken, bestehende Transaktionen abzuwickeln oder Sicherheiten zu verwerten, hieß es. Das Engagement der UBS in Russland ist im Vergleich zu anderen europäischen Banken aber überschaubar. Neben der österreichischen RBI haben etwa Societe Generale aus Frankreich und die italienische Unicredit viel bedeutendere Russland-Aktivitäten. 

MIT RUMPF-BETRIEB ÜBERWINTERN?

Die russischen Aktivitäten zu verkaufen, diese Option sei angesichts der Sanktionen vom Tisch, erklärt ein hochrangiger Insider. Die verbleibenden realistischen Alternativen seien damit eine Abwicklung oder eine Abschreibung des Geschäfts. Das würde allerdings hohe Kosten nach sich ziehen. Falls die Banken ihren Verpflichtungen nicht nachkämen, drohten zudem Klagen von Kunden in Russland. 

Einige Banken dürften deshalb ins Auge fassen, statt einer vollständigen Einstellung des Geschäfts einen Rumpf-Betrieb aufrecht zu erhalten. Damit könnten sie vermeiden, sich erneut um eine Banklizenz bewerben und das Geschäft in Zukunft von Grund auf neu aufbauen zu müssen, wenn sich das politische Umfeld aufgehellt habe, sagte die Person weiter.

US-Banken hatten ihre Engagements in Russland bereits zurückgefahren, nachdem die Annexion der Krim im Jahr 2014 Sanktionen nach sich gezogen hatte. Banken wie JP Morgan, Morgan Stanley und Citigroup zeichneten jedoch weiter russisches Geschäft und beschäftigen Mitarbeiter in dem Land. Unter den US-Instituten ist Citi am stärksten in Russland engagiert.

Ausstieg aus Russland? Banken drohen hohe Hürden und Kosten

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelfoto: Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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