Berlin, 05. Okt – Die deutschen Exporte sind im August trotz abkühlender Weltkonjunktur, steigender Zinsen und Materialengpässen gestiegen. Dabei machte die starke Nachfrage aus den USA und China das schrumpfende Geschäft mit den EU-Staaten mehr als wett. Insgesamt wuchsen die Ausfuhren um 1,6 Prozent zum Vormonat auf 133,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 1,1 Prozent gerechnet, nachdem es im Vormonat noch einen Rückgang von 1,6 Prozent gegeben hatte. Wirtschaft und Ökonomen rechnen aber damit, dass Export-Europameister Deutschland mit noch mehr Gegenwind rechnen muss.
„Das leichte Wachstum der Ausfuhren im August ist nur ein letztes Aufflackern vor einem kalten Exportwinter“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. „Enorme Kostensteigerungen für Energie und eine durch Inflation weltweit geschwächte Kaufkraft lasten wie Blei auf der deutschen Exportwirtschaft.“ Die Unternehmen seien dazu gezwungen, ihre Kostensteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Das gelinge aber nur teilweise.
Auch Banken-Volkswirte sehen mehr Schatten als Licht. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession – daran ändert auch das heutige erfreuliche Exportwachstum nichts“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Sein Kollege Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG erwartet keine rasche Besserung, im Gegenteil: „Global zunehmende rezessive Tendenzen werden dem Exportsektor das Leben schwerer machen“. Weltweit behindern die noch immer gestörten Lieferketten sowie teilweise immens hohe Kosten für Vorleistungen und Energie den Welthandel.
ENTSPANNUNG BEI LIEFERKETTEN?
Der DIHK erkennt zumindest einen Silberstreif am Horizont. „Etwas Hoffnung am aktuellen Rand machen gesunkene Containerpreise und ein höherer Containerumschlag an europäischen Häfen“, sagte Treier. „Immerhin deutet sich damit eine Entspannung bei den globalen Lieferketten an.“ Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren hat sich zuletzt aber dennoch merklich abgekühlt: Die Exporterwartungen fielen im September auf den niedrigsten Wert seit Mai 2020 gesunken, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Unternehmensumfrage herausfand. „Auch mittelfristig ist aufgrund der abkühlenden Weltkonjunktur kaum eine größere Dynamik zu erwarten“, betonte Ifo-Präsident Clemens Fuest. In den meisten Industriebranchen seien die Exporterwartungen negativ.
Die meisten Ausfuhren gingen erneut in die USA, dem wichtigsten Kunden der deutschen Exportwirtschaft: Dorthin wurden 12,0 Prozent mehr Waren „Made in Germany“ verkauft als im Vormonat Juli, was einem Wert von 13,8 Milliarden Euro entspricht. Womöglich kurbelt der starke Dollar das Geschäft an. Die Exporte in die Volksrepublik China nahmen um 2,9 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro zu, während die Lieferungen nach Großbritannien um 7,4 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro zulegten. Das Geschäft mit Russland wuchs um fast zwölf Prozent zum Vormonat auf 1,1 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die EU-Staaten sanken gegen den Trend um 0,8 Prozent auf 72,8 Milliarden Euro.
Kräftiger als die Exporte legten im August die Importe zu: Sie wuchsen um 3,4 Prozent auf 131,9 Milliarden Euro und damit den siebten Monat in Folge. „Darin schlagen sich unter anderem auch die teureren Energieimporte nieder“, sagte Chefökonom Gitzel.
Ausfuhren wachsen – „Letztes Aufflackern vor kaltem Exportwinter“
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
Hier findet ihr den aktuellen Livestream zum Thema Web3 NFT Metaverse Talk