Frankfurt/New York, 07. Mai (Reuters) – Die Furcht vor einer Rezession infolge des Ukraine-Krieges und rasch steigenden Zinsen treibt die Anleger an der Wall Street um. Die US-Indizes wechselten zum Wochenschluss häufig die Richtung. Der Dow-Jones-Index schloss am Freitag 0,3 Prozent tiefer auf 32.899 Punkten. Der technologielastige Nasdaq gab 1,4 Prozent auf 12.144 Punkte nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 0,6 Prozent auf 4123 Punkte ein.
Robuste Signale vom Arbeitsmarkt lieferten der Fed Experten zufolge keinen Grund, den geldpolitischen Straffungskurs der US-Notenbank Fed infrage zu stellen – im Gegenteil. Im vergangenen Monat entstanden 428.000 neue Jobs, von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 391.000 gerechnet. „Die Investoren wollen einerseits einen starken Arbeitsmarkt sehen, der verhindert, dass die Wirtschaft in eine Rezession fällt“, sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst von CMC Markets. „Andererseits darf dieser aber auch nicht zu stark werden, damit sie den Worten von Fed-Chef Jerome Powell Glauben schenken können, dass es keine Zinsschritte über 50 Basispunkte geben wird.“
Powell hatte nach der Zinserhöhung um 50 Basispunkte am Mittwoch weitere Anhebungen im größeren Stil von 75 Basispunkten zunächst ausgeschlossen. Doch viele zweifelten daran, dass eine Tempoverschärfung der Fed in den kommenden Wochen vom Tisch sein dürfte. An den Terminmärkten sehen Investoren aktuell eine Chance von 75 Prozent, dass die Zinsen in der Juni-Sitzung um 75 Basispunkte nach oben gehen.
ANLEGER SPEKULIEREN AUF STEIGENDE ZINSEN IM EURO-RAUM
Neben der US-Notenbank lässt aber auch das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) in puncto Zinswende die Anleger nicht los. Spekulationen auf eine baldige Zinserhöhung im Euro-Raum nahmen zu, nachdem das französische EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau sich für ein Ende der Anleihenkäufe in der zweiten Jahreshälfte ausgesprochen hatte – was als Voraussetzung für eine Zinserhöhung gilt. Der EuroEUR= verteuerte sich in der Spitze um 0,6 Prozent auf 1,0599 Dollar.
Am Anleihenmarkt trennten sich die Investoren von Staatspapieren – dies trieb die Rendite der zehnjährigen deutschen Bonds auf 1,140 Prozent, den höchsten Stand seit September 2014. Die US-Pendants rentierten bei bis zu 3,131 Prozent. Mit steigenden Zinsen werden Anleihen im Vergleich zu Aktien zunehmend attraktiver für Investoren.
Die Furcht vor Versorgungsengpässen durch das sich anbahnende Öl-Embargo der EU-Kommission gegen Russland trieb an den Rohstoffmärkten den Ölpreis nach oben. BrentLCoc1 verteuerte sich um 1,9 Prozent auf 113,06 Dollar je Fass. WTICLc1 wurde mit 110,52 Dollar je Barrel gut zwei Prozent höher gehandelt. Die Kommission hatte am Mittwoch ein sechstes Sanktionspaket einschließlich eines Öl-Embargos beschlossen.
UNDER ARMOUR ENTTÄUSCHT MIT GEWINNPROGNOSE
Auf Talfahrt gingen die Aktien von Under Armour, die in der Spitze um 27,2 Prozent auf ein 20-Monats-Tief von 10,40 Dollar absackten. Der US-Sportartikelhersteller erwartet wegen hoher Transportkosten und dem Wiederaufflammen des Coronavirus in China einen Gesamtjahresgewinn unter den Erwartungen. Für das laufende Geschäftsjahr werde ein bereinigter Gewinn je Aktie zwischen 63 und 68 Cent erwartet. Von Refinitiv befragte Analysten waren von 83 Cent je Aktie ausgegangen. Aktien des Rivalen NikeNKE.N gaben ebenfalls um 3,4 Prozent nach.
Papiere des Action-Kamera-HerstellersGPRO.O brachen um 18 Prozent auf 7,15 Dollar ein. Der Umsatz im Quartal lag unter den Analystenschätzungen. Die Analysten von JP Morgan senkten das Kursziel von 14 Dollar auf 12 Dollar und begründeten dies mit einer enttäuschenden Prognose für das zweite Quartal und einer schwächeren Verbraucherstimmung im Euro-Raum und in Nordamerika.
Nach einem Quartalsumsatz über Markterwartungen und angehobenen Gesamtjahreszielen gingen DoorDash auf Berg- und Talfahrt. Nach einem Kursverlust von mehr als elf Prozent lagen die Titel zuletzt nur noch 1,4 Pozent im Minus. Die Gewinnaussichten seien verhalten, weil der Essenslieferant viel Geld in seine Expansion stecke, kommentierte Analyst Jake Fuller vom Brokerhaus BTIG.
Anleger nervös – Zinssorgen und Bilanzen belasten
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.