Mittwoch, Mai 1, 2024
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Analyse: Kanzlerpartei SPD steht vor hartem Jahr 2023

Berlin, 09. Jan – Als SPD-Chefin Saskia Esken die SPD-Klausur eröffnete, trat sie selbstbewusst auf einem roten Teppich auf. Denn zu Merkel-Zeiten hatten Sozialdemokraten immer wieder beklagt, dass die CDU-Politikerin auf roten Teppichen wandele, während sie selbst im Maschinenraum der großen Koalition schuften müssten. Jetzt verkündete Esken als Chefin der neuen Kanzlerpartei, dass die SPD „als führende Kraft“ in der Ampel-Koalition schon dafür sorgen werde, dass sich die Koalitionspartner Grüne und FDP in Streitfragen einigten. Doch die demonstrative Zuversicht verdeckt nur, dass die SPD 2023 vor einem harten Jahr steht.

DIE LAST DER LANDTAGSWAHLEN

Das liegt zum einem am Wahlkalender: Bei den vier anstehenden Landtagswahlen kann die SPD nur in Bremen mit einem sicheren Sieg rechnen. In Berlin kämpft Franziska Giffey bei der angesetzten Neuwahl erneut um die Führung – aber ein Sieg gilt alles andere als sicher, weil sowohl die CDU als auch die Grünen stärker werden könnten. In Hessen könnte Innenministerin Nancy Faeser antreten, die es gegen die bisher weitgehend lautlos regierende schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden nicht einfach haben dürfte. Und in Bayern gilt die SPD wie in früheren Wahlen als weitgehend chancenlos. 

„Unterhalb der Bundesebene ist die SPD weitgehend ausgezehrt“, meint Forsa-Chef Manfred Güllner. Er will auch nicht gelten lassen, dass die SPD derzeit gleich acht der 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten stellt. „Wenn man auf die Zahlen schaut, sieht man, dass die Verankerung in der Gesellschaft weiter wegbricht.“ In einigen ostdeutschen Ländern oder in Bayern und Baden-Württemberg liegen die SPD-Ergebnisse nur noch unter oder um die zehn Prozent. Güllner verweist darauf, dass die Wählermobilisierung seit 2009 auch bei Bundestagswahlen so schwach wie nie in bundesrepublikanischen Zeiten war. Den Sieg 2021 habe die SPD der noch schwächeren Union zu verdanken gehabt.

DIE SANDWICH-POSITION IN DER AMPEL

Dazu kommt die erkennbare schwierige Rolle als Kanzlerpartei, die immer nach Ausgleich suchen muss. Die FDP, die 2022 wegen schlechter Landtagswahl-Ergebnisse unter Druck geriet, hat bereits angekündigt, eigene Themen in der Ampel härter vertreten zu wollen. Sie heizt die Atompolitik ein ums andere Mal an, stichelt bei Corona – und zusammen mit Grünen-Abgeordneten werfen FDP-Parlamentarierinnen Kanzler Olaf Scholz seit Monaten eine zu zögerliche Haltung bei den Waffenlieferungen an die Ukraine vor – quasi als Opposition innerhalb der Ampel-Koalition. „Das diskreditiert natürlich unsere Politik“, ärgert sich ein führender SPD-Politiker, der mit Rücksicht auf den Koalitionsfrieden nicht genannt werden will.

Und beim Thema Planungsbeschleunigung streiten Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nun schon seit Wochen, ob es schnellere Genehmigungen nur für die Schiene oder auch für Straßenprojekte geben sollte – trotz Vermittlungsversuchen von Kanzler Scholz. Grüne und FDP müssten diese „Verkantung“ nun endlich aufgeben, mahnte SPD-Chef Lars Klingbeil etwas genervt am Montag – aber mehr als mahnen kann er eben nicht. Denn oberste Maxime der Kanzlerpartei ist es, den Laden zusammenzuhalten, das macht auch Scholz intern deutlich: Er will schließlich 2025 für seine Wiederwahl zeigen können, dass die Ampel-Regierung trotz der inneren Gegensätze funktioniert hat. Den Preis zahlt die SPD, zumal der Kanzler auch in den eigenen Reihen nicht als begnadeter Kommunikator gilt, der diese schwierige Rolle nach außen einem Wahlvolk erklären könnte. 

DAS PERSONALPROBLEM

Dazu kommt, dass sich die mediale Kritik vor allem gegen die SPD-Riege im Kabinett richtet. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich zwar wieder gefangen. Aber vor allem Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht unter Beschuss, selbst in den eigenen Reihen. Dennoch lässt Scholz ihre „exzellente Arbeit“ betonen. Der Kanzler weiß, dass in wenigen Monaten ohnehin eine Kabinettsumbildung bevorstehen könnte, wenn Innenministerin Faeser in Hessen antreten sollte.

Zum einen könnte es eine Debatte geben, ob sie als Spitzenkandidatin im Amt bleiben kann. Bei einem Wahlsieg würde Faeser dann als Ministerpräsidentin nach Wiesbaden wechseln – und bei einer Niederlage stellt sich wie früher bei Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Frage, ob sie angeschlagen dem Kabinett weiter angehören kann. Jeder Personalwechsel könnte die Debatte zwischen den verschiedenen, derzeit ruhigen Flügeln der Partei wieder aufbrechen lassen.

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Quelle: Reuters

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