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Analyse: Deutsche Autobauer in der Zange von China-Konkurrenz und Tesla

Frankfurt, 20. Apr – Für die deutschen Hersteller war die weltgrößte Automesse in Shanghai eine Stunde der Wahrheit. Im Rennen um die Führung am E-Auto-Markt hatten chinesische Hersteller in dieser Woche mit ihrem selbstbewussten Auftritt eine klare Botschaft an die bisher dominierenden westlichen Konkurrenten: Wir erobern in diesem neuen Spiel unseren Markt zurück. Im Vergleich zu deren Produktneuheiten wirkten die westlichen Marken blass, sagt Thomas Luk, Autoexperte und Partner der Unternehmensberatung Kearney, nach seinem Messerundgang. „Der Markt China ist für die deutschen Autobauer nicht mehr so stabil, wie es lange Zeit der Fall war.“ Für Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW steht dabei viel auf dem Spiel: Sie verkaufen jedes dritte Auto auf dem weltweit größten Markt. 

Luks Beraterkollege Yale Zhang von Automotive Foresight erlebte die erste wieder mit Vollgas laufende Show nach den Corona-Einschränkungen als historischen Wendepunkt, der alte Gewissheiten westlicher Automanager erschütterte: „Hoffentlich korrigiert es ihre falsche Warnehmung, Elektroautos als umgerüstete Verbrennerautos zu verstehen.“ Immerhin seien die deutschen Manager in Scharen angereist, um sich vor Ort ein eigenes Bild von der Lage an ihrem wichtigsten, gewinnträchtigen Markt zu machen – von VW war der gesamte Vorstand da. Doch wenn die Wolfsburger ihr neues Flaggschiff-Modell ID.7 im Smalltalk am Stand „Elektro-Passat“ nennen, zeige das, wie viel Verbrenner noch in den Köpfen steckt, sagt Zhang.

ERFOLGSGEHEIMNISSE

Aber was sind die Stärken der chinesischen Elektroautobauer? Zusammen verkauften die Deutschen 2022 nur knapp fünf Prozent aller voll- und teilelektrischen Autos in China – die lokalen Hersteller 76 Prozent. Auch am Gesamtmarkt einschließlich der Verbrenner werden die chinesischen Marken die Ausländer nach Expertenschätzung bis Mitte des Jahrzehnts unter 50 Prozent Marktanteil gedrückt haben. Ein Erfolgsfaktor dabei seien niedrigere Kosten bei E-Autos, erklärt Kearney-Berater Luk. „Es gelingt ihnen, Premiumprodukte zu demokratisieren und leistungsfähige Produkte zu erschwinglichen Preisen anzubieten.“

Dabei helfen niedrigere Rohstoffkosten und strikte Kostenkontrolle in der Produktion. Das zeige ein Blick in die Werkshallen. „Die sehen nicht aus wie ein Wohnzimmer wie bei westlichen Herstellern mit Getränkestationen, es wird auch weniger geheizt“, fiel ihm beim Fabrikbesuch auf. Bei der Entwicklung von Modellen werde nicht jedes Mal das Rad neu erfunden, wie dies bei deutschen Herstellern üblich sei, vielmehr werde bewährte Technik beibehalten. 

Trotz aller Bemühungen von VW, BMW und Mercedes, durch Entwicklung „in China für China“ mit heimischen Fachleuten den Geschmack der Käufer zu treffen, zuckeln sie hinterher. Die Chinesen hingegen entwickelten das Fahrzeug als Gesamtpaket, das zum Lebensstil passen müsse, erklärt Luk weiter. Sie böten innovative Raumkonzepte und modernste digitale Funktionen mit Künstlicher Intelligenz. „Die neuesten Funktionen von BMW und Mercedes-Benz können hier noch nicht mithalten“, urteilt Luk. Nicht nur VW als Volumenmarke, die nach Jahrzehnten im ersten Quartal ihre Marktführerschaft gegen den chinesischen Hersteller BYD verlor, steht unter Druck. Auch für die deutschen Premiummarken wird es ungemütlich, denn die China-Konkurrenz hat sich Luk zufolge auch auf dieses Segment gestürzt.

KAMPF UM MARKTANTEILE

Den deutschen Autobauern sei die kritische Entwicklung in China sicher schon länger bewusst, und sie steuerten auch schon dagegen, sagt Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management (CAM). „Aber man kann das Ruder nicht so schnell herumreißen.“ Bisher gelang es den deutschen Autobauern, zig Milliarden in die Elektromobilität zu investieren und trotzdem gut zu verdienen. Sind diese Zeiten vorbei?

Tesla, Elektroautopionier und globaler Marktführer, macht ihnen auf seinem Weg zum Massenhersteller das Leben immer schwerer. Die Amerikaner drücken Kosten mit einer neuen, großteiligen Produktionsweise. Tesla-Chef Elon Musk fährt so viel Rendite ein, dass er auf die Gewinnerwartung von Investoren künftig weniger Rücksicht nehmen will. Im Kampf um Marktanteile – Musk peilt bis 2030 einen Jahresabsatz von 20 Millionen Stück an, doppelt so viel wie der ganze VW-Konzern in guten Jahren – senkt Tesla kräftig die Preise und nimmt Gewinneinbußen in Kauf.

Tesla und die China-Konkurrenz setzten mit niedrigeren Preisen die deutschen Player ernorm unter Druck, sagt Bratzel. Dem Sog könnten sie sich nicht entziehen. Die Preise müssten sinken, nicht nur in China, auch in Europa und den USA. „Im Moment werden Marktanteile verschoben, da darf man sich nicht geschlagen geben – das geht eben auf Kosten der Marge.“

Analyse: Deutsche Autobauer in der Zange von China-Konkurrenz und Tesla

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Erich Westendarp auf Pixabay

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