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Analyse: Das Ende von Print – Überleben Zeitungen und Zeitschriften nur digital?

Berlin, 08. Feb – RTL zerschlägt den Traditionsverlag Gruner+Jahr und Axel Springer will künftig gar keine Zeitungen mehr drucken. Wie können Presseprodukte in Zeiten des Internets überhaupt noch überleben? Der Gegenwind bläst den Medienhäusern immer schärfer ins Gesicht: Auflagen sinken, das Anzeigengeschäft schwächelt – seit der Großteil des Werbekuchens ins Internet wandert und dort von Onlineriesen wie Google, Amazon und Meta verschlungen wird. Seit dem Ukraine-Krieg steigen auch noch Kosten für Papier und Energie. Es gibt scheinbar nur einen Ausweg: „Die Zukunft von Axel Springer ist ‚digital only'“, sagte der Chef des Berliner Herausgebers von „Bild“ und „Welt“, Mathias Döpfner, jüngst im Reuters-Interview. 

Aber genau das ist für viele ein dickes Brett. „Der Digitalmarkt ist von brutalen Größenvorteilen geprägt“, betont Medienexperte Henrik Müller. Er ist geschäftsführender Direktor am Institut für Journalistik der Technischen Universität Dortmund. „Je kleiner Medien oder Zeitungen sind, desto schwieriger ist es, digital Geld zu verdienen.“ Eine richtige Lösung sei hier schwierig. „Ich mache mir Sorgen, was die Vielfalt von Medienmarken angeht, etwa Lokalzeitungen in der Fläche.“ Es dürfe keine Nachrichtenwüsten geben.

„Die Transformation von Print zu Digital ist eine der größten Herausforderungen für Verlage in den kommenden Jahren“, sagt auch Zeitungsexperte Christoph Mayer von der Unternehmensberatung Schickler. Hier gebe es nur hopp oder top. „Abwarten und schauen, was passiert, oder aktiv voranschreiten.“ Bei Gruner+Jahr kritisieren die Gewerkschaften wie der DJV das Vorgehen von RTL als „Abwicklung“ des Medienhauses. „Aus Unfähigkeit ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriftenhaus in die digitale Transformation zu führen, zerschlägt Bertelsmann nun den Magazinverlag RTL in Hamburg“, moniert auch Verdi-Bundesvorstand Christoph Schmitz. 

ZUSTELLUNG IMMER TEURER – KEINE GEDRUCKTE „BILD“ MEHR

RTL stellt 23 Zeitschriften aus dem Gruner-Imperium ein, weitere Titel wie „P.M.“, „11 Freunde“, „Landlust“ oder „Essen&Trinken“ sollen verkauft werden, „Chefkoch“ und „Eltern“ nur noch digital erscheinen. Nächste mögliche Schritte bei der Gruner+Jahr-„Resterampe“ zeichnen sich bereits ab. Während Flaggschiffe wie „Stern“, „Geo“ und „Capital“ wegen großer Synergien mit den TV-Redaktionen in der RTL News GmbH angesiedelt werden, bleiben Marken wie „Brigitte“, „Gala“, „Schöner Wohnen“, „Häuser“ oder „GEOlino“ in der Gruner+Jahr Deutschland GmbH und mehreren Tochterfirmen. „Das riecht nach einer Art Bad Bank“, kommentiert Chefredakteur Stefan Winterbauer vom Mediendienst Meedia. „Glaubt wirklich jemand, dass „Brigitte“ & Co. dauerhaft eine Zukunft im Konzern haben?“

Rund 500 Jobs streicht RTL in Hamburg, weitere 200 fallen durch Verkäufe weg und zusätzlich 300 Stellen sollen am RTL-Standort Köln eingespart werden. Der Fokus ist klar: Von 80 Millionen Euro sollen bis 2025 drei Viertel ins Digitale fließen. Die Abos von „Stern+“, die der Konkurrenz von „Bild“ oder „Spiegel“ weit hinterherhinken, sollen sich bis 2025 auf 100.000 mehr als verdreifachen. 

Den Druck zu mehr Digitalgeschäft spüren alle Printhäuser. Rund 75 Prozent der Verlage versuchen aktiv, Abonnenten für das E-Paper zu gewinnen, wie aus einer Studie des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hervorgeht. Erlöse durch Online-Abos sehen die Firmen als größte Wachstumschance. Ab 2026 erwarten sie, dass ihre Digitalumsätze den Rückgang beim Printgeschäft ausgleichen können. Bis dahin wollen sie sparen, indem sie Preise erhöhen, Seiten reduzieren, redaktionelle Produkte einstellen und vor allem die Zustellung in unwirtschaftlichen Bereichen beenden. Denn die Zustellungskosten je Exemplar haben sich von 0,29 Euro 2015 inzwischen verdoppelt und dürften 2025 auf 0,70 Euro steigen.

Als Vorreiter für mehr Online-Geschäft gilt der Axel Springer Verlag. Das Digitalgeschäft steuerte 2022 bereits 85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns bei. „Über die nächsten fünf Jahre steht für mich die vollständige Digitalisierung des Hauses im Fokus“, sagte Döpfner zu Reuters. In einem anderen Interview ergänzte der Manager: „Es ist völlig klar, dass es eines Tages keine gedruckte ‚Bild‘-Zeitung, keine gedruckte ‚Welt‘ und überhaupt keine gedruckte Zeitung mehr im Hause Axel Springer geben wird – außer vielleicht Sondereditionen.“ Bis dahin soll es aber bei beiden Zeitungen Kostensenkungen und fundamentale Umstrukturierungen geben, um die Marken fitzumachen für die rein digitale Zukunft.

Analyse: Das Ende von Print – Überleben Zeitungen und Zeitschriften nur digital?

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Kerstin Herrmann auf Pixabay

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