Berlin, 18. Mai (Reuters) – Die Ampel-Koalition will SPD-Altkanzler Gerhard Schröder die bisherige Ausstattung mit Mitarbeitern und Büros im Bundestag vorerst streichen. Die Versorgungsbezüge und den Personenschutz soll der 78-Jährige aber behalten dürfen, wie die haushaltspolitischen Sprecher von SPD, Grünen und FDP am Mittwoch mitteilten. Formal werde das Büro des früheren Bundeskanzlers ruhend gestellt. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten für Personal und Reisen der Mitarbeiter im Büro des Alt-Kanzlers auf knapp 419.000 Euro. Ausgaben für die Büroräume und deren Ausstattung sind dabei nicht berücksichtigt. Auf Schröders umstrittene Russland-Kontakte und den Ukraine-Krieg gingen die Haushaltspolitiker nicht ein.
Die Amtsausstattung ehemaliger Regierungschefs soll sich künftig generell aus ihren Verpflichtungen ergeben. „Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass die Amtsausstattung ehemaliger Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler nach der fortwirkenden Verpflichtung aus dem Amt erfolgt und nicht statusbezogen“, heißt es in dem Reuters vorliegenden Antragsentwurf der Ampel für einen Beschluss des Haushaltsausschusses der Bundestages. Der Ausschuss dürfte dies in seiner am Donnerstag beginnenden Bereinigungssitzung zum Bundeshaushalt 2022 beschließen. Auch die Union hatte eine Streichung des Büros gefordert, wollte darüber hinaus aber auch die Versorgungsbezüge Schröders kippen.
KREISE: KEINE AUSWIRKUNGEN FÜR MERKEL-AUSSTATTUNG
Für die Amtsausstattung von Alt-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der neben Schröder einzigen noch lebenden ehemaligen Regierungschefin, hat die Neuregelung nach Angaben aus der Koalition vorerst keine Konsequenzen. „Das bedeutet erst mal gar nichts für Merkel“, sagte ein Haushaltspolitiker. Die Regelung greife erst, wenn Merkel irgendwann einmal keine nachgelagerten Aufgaben aus dem Amt mehr wahrnehme. „Die Formulierung ist übrigens schon lange Forderung des Bundesrechnungshofes gewesen“, hieß es unter Verweis auf den Ampel-Vorschlag.
„Gerhard Schröder nimmt keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler mehr wahr“, erklärten Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP). „Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers.“ Kindler sprach von einer grundsätzlichen Regelung unabhängig von Einzelfällen. Dem Alt-Kanzler warf er vor: „Gerhard Schröder ist nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland.“
Schröders Büro waren zuletzt noch vier Mitarbeiterstellen zugeordnet. Die Beschäftigten hatten die Zusammenarbeit aber bereits vor Wochen aufgekündigt und darum gebeten, an anderer Stelle eingesetzt zu werden. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar war Schröder wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin verstärkt in die Kritik geraten. Auch die SPD-Führung ging auf Distanz und forderte ihn auf, alle seine Posten bei den russischen Energieunternehmen Nord Stream und Rosneft aufzugeben. Parteichefin Saskia Esken legte ihm den Parteiaustritt nahe. Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler einer rot-grünen Bundesregierung.
Ampel streicht Schröder die Alt-Kanzler-Privilegien
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