Paris/München, 28. Okt – Beim weltgrößten Flugzeugbauer Airbus werden die Sorgen um den Nachschub von Triebwerken und anderen Zulieferteilen allmählich geringer. Die Lieferketten blieben zwar „zerbrechlich“, sagte Vorstandschef Guillaume Faury am Freitag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das dritte Quartal in Toulouse. „Die Lage ist schlecht, aber sie wird nicht mehr schlechter.
Ich hoffe, wir haben den Tiefpunkt erreicht.“ Die Triebwerks-Lieferungen von Pratt & Whitney und GE kämen jetzt pünktlich, es gebe aber noch Rückstände aufzuholen. Weniger als zehn Flugzeuge warteten noch auf ihre Antriebe. Der Airbus-Chef hält trotzdem an dem Ziel fest, in diesem Jahr rund 700 Verkehrsflugzeuge auszuliefern. 437 (Vorjahr: 424) waren es Ende September.
Faury sprach von einem „soliden“ Neunmonats-Ergebnis. Dabei kam Airbus der starke Dollar zugute, in dem die Branche in der Regel abrechnet. Im dritten Quartal lagen Umsatz und operativer Gewinn (bereinigtes Ebitda) jeweils ein Viertel über dem Niveau des Vorjahres, das Ebitda verfehlte aber die Erwartungen der Analysten etwas. Airbus habe dabei von Absicherungsgeschäften profitiert, hieß es. Das trieb den operative Mittelzufluss (free Cash-flow), den viele Analysten als Maßstab für die Ertragskraft sehen, in den ersten neun Monaten auf 2,9 Milliarden Euro. Bis zum Jahresende soll er auf 4,5 Milliarden Euro steigen, eine Milliarde mehr als bisher geplant.
An der Erwartung eines bereinigten Ebitda von 5,5 Milliarden Euro im Gesamtjahr hält Airbus fest. Nach neun Monaten stehen 3,48 (Vorjahr: 3,37) Milliarden Euro zu Buche, so dass Airbus in den letzten drei Monaten noch knapp zwei Milliarden verdienen müsste. Der Umsatz stieg um acht Prozent auf 38,1 Milliarden Euro. Der Nettogewinn hinkt mit 2,57 Milliarden Euro noch leicht hinter dem Vorjahr her.
50 JAHRE AIRBUS
Am Freitag war es genau 50 Jahre her, dass der erste Airbus A300 zu seinem Jungfernflug abhob – die wahre Geburtsstunde des europäischen Gemeinschaftsprojekts, das die ersten fast 30 Jahre als Konsortium arbeitete. Faury würdigte den „Pioniergeist“ der Entwickler des ersten zweimotorigen Langstreckenflugzeugs, des A300. Nach einem holprigen Start hat Airbus inzwischen den US-Erzrivalen Boeing überholt, der seit Jahren mit technischen Problemen kämpft und auch in diesem Jahr mit roten Zahlen rechnet.
Wirtschaftlich am erfolgreichsten sind bei Airbus die Kurzstreckenmaschinen vom Typ A320/A321, die den Löwenanteil der Bestellungen ausmachen. Das neueste Modell, der A321XLR, gehört zwar zur A320-Baureihe, soll aber auch längere Strecken, etwa über den Atlantik, bewältigen. Faury konkretisierte am Freitag, dass der A321XLR im zweiten Quartal 2024 auf den Markt kommen soll. Bisher war von Anfang 2024 die Rede. Nun sei der Zeitplan „genauer und verlässlicher“, sagte Faury.
Der Airbus-Chef bekräftigte das Ziel, die Produktion der A320/A321-Familie bis Anfang 2024 auf 65 Maschinen pro Monat auszubauen und bis 2025 die Marke von 75 zu erreichen. Bis Ende dieses Jahres will Airbus auf 50 Flugzeuge im Monat kommen. Die Nachfrage nach Kurzstreckenmaschinen hatte nach der Corona-Krise schnell wieder angezogen. Nun wachse auch der Bedarf an größeren Langstrecken-Flugzeugen, sagte Faury.
Die Triebwerks-Lieferanten hatten zuletzt Zweifel geäußert, ob die höhere Schlagzahl bei der Produktion erreichbar sei. Im Moment fehlten vor allem Gussteile. Boeing hatte am Mittwoch noch Alarm geschlagen: Die Triebwerke seien zurzeit der größte Engpass. Nun sehen auch die Zulieferer Licht am Ende des Tunnels. MTU-Chef Reiner Winkler sagte am Donnerstag, Teile aus seinem Haus führten jedenfalls nicht zu Verzögerungen bei Airbus. MTU baut zusammen mit Pratt & Whitney einen von zwei Triebwerkstypen für die A320, die französische Safran und GE den anderen. Safran-Chef Olivier Andries betonte am Freitag die „Zuversicht in unsere Fähigkeit zu liefern“.
Airbus sieht bei Teilenachschub Licht am Ende des Tunnels
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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