München, 19. Apr – Der Betrugsprozess gegen den früheren Audi-Chef Rupert Stadler wegen des Volkswagen-Dieselskandals steht vor einer Wende. Die Anwälte des Managers und zweier weiterer Angeklagter verhandelten am Mittwoch hinter verschlossenen Türen mit den Richtern und der Staatsanwaltschaft über einen Deal, um das seit zweieinhalb Jahren andauernde Verfahren am Landgericht München zu beenden.
Das fast zweistündige Gespräch über mögliche Geständnisse von Stadler und dem mitangeklagten Ex-Audi-Manager Wolfgang Hatz sei konstruktiv verlaufen, sagten mehrere Verfahrensbeteiligte der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei auch um die Konditionen möglicher Bewährungsstrafen gegangen, die das Gericht den Angeklagten im Gegenzug in Aussicht gestellt hatte. Stadler selbst war an dem Gespräch der Juristen nicht beteiligt.
Zu weiteren Einzelheiten wollen sich Anwälte und Gericht erst beim nächsten öffentlichen Verhandlungstermin am 25. April äußern. „Wenn man ein Verfahren beenden will, muss man immer alle Konsequenzen im Auge behalten“, sagte Stadlers Verteidiger Thilo Pfordte lediglich. Gegenstand einer Verständigung, wie sie der Vorsitzende Richter Stefan Weickert angeregt hatte, können laut Gesetz mögliche Inhalte des Urteils sein. „Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein“, heißt es in der Strafprozessordnung weiter.
STADLER-PROZESS ZIEHT SICH SEIT 2020 HIN
Der Prozess ist eines der prominentesten Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung des Dieselskandals bei Volkswagen und der Konzerntochter Audi. Der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte war im September 2015 aufgeflogen. Der Prozess gegen Stadler zieht sich seit September 2020 hin. Der frühere Top-Manager sitzt zusammen mit dem ehemaligen Audi-Motorenchef und Porsche-Entwicklungsvorstand Hatz und dem Ingenieur Giovanni P. auf der Anklagebank. Bei einem vierten Angeklagten, der ebenfalls Ingenieur ist, wurde das Verfahren vor Kurzem gegen eine Geldauflage eingestellt.
Laut Anklage sollen die Ingenieure um Hatz für die Manipulation von Motoren gesorgt haben, damit gesetzliche Abgaswerte auf dem Prüfstand eingehalten wurden, die auf der Straße überschritten wurden. Stadler soll es nach Bekanntwerden des Skandals versäumt haben, den Verkauf der manipulierten Autos zu stoppen. Stadler und Hatz haben die Vorwürfe stets bestritten.
EX-MANAGER HATZ ERWÄGT GESTÄNDNIS
Der Ingenieur P. hingegen hatte zuletzt ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er reagierte damit auf ein Ultimatum von Richter Weickert. Dieser hatte vor drei Wochen deutlich gemacht, dass das Gericht die Betrugsvorwürfe als so gut wie erwiesen ansehe. Bei umfassenden Geständnissen können die Angeklagten jedoch mit Bewährungsstrafen rechnen. Laut Gesetz kann das Gericht Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren zur Bewährung aussetzen und den Betroffenen dafür Auflagen machen, beispielsweise Geldzahlungen. Weickert hatte damit auch signalisiert, dass er in diesem Fall den Strafrahmen von bis zu zehn Jahren für schweren Betrug bei weitem nicht ausschöpfen würde.
Hatz denkt offenbar ebenfalls über ein Geständnis nach, wie der Richter am Mittwoch vor dem vertraulichen Gespräch deutlich machte. Weickert sagte in öffentlicher Sitzung, Hatz‘ Verteidiger habe sich bei ihm vor einigen Tagen telefonisch nach den genauen Konditionen einer möglichen Bewährungsstrafe erkundigt.
Stadlers Anwälte sprechen mit Gericht über Deal im Audi-Prozess
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Mike Braun auf Pixabay
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